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Hallo, nachdem ich in meinem Vorstellungs-Post schon angedeutet habe, dass ich (wahrscheinlich) mehr über meine Ängste preisgeben möchte , tue ich dies hiermit.
Es ist leider keine Spezialität von mir, mich kurz zu fassen (wie man an diesem Text wohl unschwer erkennen kann). Vielleicht einfach in Häppchen lesen?
Mittlerweile basiert mein Angstlevel komplett darauf, wie laut es um mich rum ist, welche Geräusche zu hören sind, ob ich die zuordnen kann, oder ob sie einfach „nur“ triggern, obwohl keine tatsächliche Gefahr für Leib und Seele besteht. Zudem hat das Ganze auch mit meiner Wohnsituation zu tun, die ich alles andere als „ein Zuhause“ nennen würde. Ich habe darüber sehr viel kommuniziert, mit mir selbst, mit anderen, ich habe es aufgeschrieben, versucht einen Umgang damit zu finden, auch konfrontiert habe ich damit, es hat aber wenig bis gar nichts genutzt. Ich habe damit auch mit Experten/“Experten gesprochen, aber die wirkten oft auch überfordert, weil sie mit spiegelten, dass ich ja erkannt habe, was wie wirkt und woher das vielleicht kommen mag (allerdings gibt es dazu auch wiederum viele Theorien). Für Leute, die Geräusche als Stressoren kennen, mag das vielleicht nach typischen Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung klingen, dann müsste man aber fragen, welche Traumata (ich gehe von mehreren allein über die letzten Jahre aus), die Auslöser sind.Â
Da ich durchaus in der Lage und gewillt bin, mich damit zu konfrontieren, was denn zu einer Zuspitzung der Ängste geführt haben könnte, frustriert es gleich mehrfach, dass ich es, trotz intensiver Bemühungen nicht selbst in den Griff bekomme, auf gewisse Geräusche und Situationen anders zu reagieren, als ich es recht automatisiert tue. Ihr kennt das vielleicht: Ich reagiere auf den Trigger, aber im Kopf gibt es durchaus den Verstand, der die Situation so einschätzt, dass sie keineswegs wirklich bedrohlich ist. Ich spreche hier auch von körperlichen Symptomen, beschleunigender Herzschlag, Anspannung und eine Form von Angst (und ein damit einhergehendes Bedrohungsgefühl), dass von sehr tief zu kommen scheint. Ich habe in dem Sinn dann auch keine heftige Angst und dazu passende Bilder, es mischt sich da mein Katastrophendenken (was leider oft sehr schnell anrollt und schwer aufzuhalten ist) mit einem Gefühl nicht mehr sicher zu sein und ich sollte zudem festhalten, dass ich es nicht wirklich beschreiben kann. Mittlerweile ist auch wieder die fatale Angst-vor-der-Angst-Spirale am Wirken.
Das mag jetzt vielleicht sehr theoretisch und verkopft klingen, deshalb beschreibe ich mal einen Tagesablauf. Ich schlafe seit Jahren nur noch mit Musik oder Kopfhörern ein, ich behaupte nicht, dass ich nur grundsätzlich Musik zum Einschlafen brauche, wegen der Gewöhnung, was ich aber sagen kann ist, dass ich in dieser Wohnung, in der ich mittlerweile schon ein paar Monate wohne, nicht mal auf die Idee komme, ohne Musik einzuschlafen. In dieser Wohnung, habe ich noch keinen Einschlafversuch ohne Musik unternommen. In der anderen Wohnung, ging es ab und an zumindest mit Ohropax.
Also, ich schlafe mit Musik (gehört über In-Ear-Kopfhörer) ein und stehe mit den Kopfhörern drin auf. So, nun entscheide ich, ob ich mit Musik ins Bad gehe, oder „nur“ Ohropax reinpacke. Das wiederum hängt davon ab, wie ich mich fühle und wie die Geräuschkulisse um mich herum ist und wie gesagt, auch die Stille bietet mir keine Sicherheit. Es kann dann sein, dass ich im Bad mit Musik oder Ohropax auf dem Klo sitze, mich wasche und dabei Ohropax drin habe oder Musik höre (was in zweiterem Falle oft chaotisch wird, weil ich mir durch gewisse Bewegungen die Kopfhörer aus den Ohren reiße). Das stresst und setzt mich wieder der bedrohlichen Ruhe aus, oder eben "nur" den Umwelt-Geräuschen. Mein Bad hat leider kein Fenster zum Hereinlassen von Geräuschen. Ich dusche nur noch mit Ohropax, eine Badewanne habe ich nicht, ich hätte aber eh nicht die Ruhe zum Baden. So, alles weitere wird entweder mit Kopfhörern oder Ohropax drin erledigt. Eine Zeit lang, ging es wenigstens, Serien und Filme (jetzt nicht anspannungsfrei, aber zumindest befreiter auf dem Fernseher) zu gucken, gerade sieht es da eher schlecht aus. So, also ab und an, mache ich es dann so, dass ich einen Musikteppich unter nur Gesprochenes (z.B. YOUTUBE-Videos) packe. Das war auch schon mal besser. Es kommt auch vor, dass ich mir Ohropax reindrücke und dann noch einen Kopfhörer (groß) aufsetze, dann klingt aber alles schrottig und man kann noch so laut aufdrehen, es ist immer zu leise. Das ist eine Strategie", die ich früher schon angewendet habe, das kommt aber eher selten vor.Â
Mir ist bewusst und auch gespiegelt worden, dass die Gewöhnung an Musik als Geräusch-Ausgrenzer auch durchaus kontraproduktiv sein/werden kann. Darauf reagiere ich aber mittlerweile mit: „Ich habe bisher keine andere wirksame Methode gefunden“. Mir wurde auch dazu geraten, mich den Geräuschen auszusetzen, sie also auszuhalten und mich auf die Suche nach dem Ursprung zu begeben, da mehr Informationen zu mehr Sicherheit führen könnten. Hat jetzt ehrlich gesagt nicht so geklappt. Oft wird dadurch das Katastrophendenken noch bestärkt. Es renovieren z.B. gerade Handwerker nebenan. Das klingt hier so, als wäre es in meiner Wohnung, das ist natürlich ein Stressor, aber da weiß ich immerhin, was da gemacht wird, das sind keine bedrohlichen Geräusche.
Wenn ein Kind und/oder ein Erwachsener schreit, etwas rumpelt, kracht, dröhnt, was auch immer, das kann wahrscheinlich auch ein umgefallenes Glas (oben in der Wohnung sein) und ich bekomme das mit, dann erzeugt das Stress, Angst und Unwohlsein. Ich habe auch mal die interveniert, was mich aber null befreit hat, sondern noch mehr Ängste erzeugt, weil ich dann Reaktionen der Personen (mutmaßlichen Täter) befürchte.
Wie real manche Bedrohungen sind, kann ich oft nur schwer einschätzen. Es mag jetzt sicher verwundern, dass ich mich draußen, wenn ich mit Musik als Begleitung spazieren gehe, in der Straßenbahn sitze oder völlig ohne Kopfhörer und Ohropax in der freien Natur herumlaufe, besser entspannen kann, als in dieser Wohnung. Auch das Fahren mit Bus und Bahn ist erstaunlicherweise oft entspannender, also es geht auch nicht wirklich ohne Kopfhörer (ich möchte aber einiges auch gar nicht hören, was mein Umfeld so von sich gibt), es kann aber durchaus stressfreier sein, als vieles andere, was ich tue. Natürlich hängt das auch dort stark davon ab, was ich von meinem Umfeld mitbekomme.
Gerade sitze ich mit Ohropax in der Wohnung vor dem Rechner und tippe diese Text. Dazu läuft Musik über den Handy-Lautsprecher und es geht gerade, vielleicht auch, weil ich mich endlich dazu durch gerungen habe, einen Text in dieses Forum zu packen, der meine Situation beschreibt. Nebenan werkeln die Handwerker und von oben höre ich gerade nichts. Ab und an gelingt es halt doch, mich auf etwas so zu konzentrieren, dass ich anderes ausblende. Meine Ängste sind aber perfide, die erinnern mich oft daran, dass ich jetzt Angst haben sollte, weil das ja schon immer so war. Macht keinen Sinn, macht aber vieles nicht, was mit Angstgefühlen zu tun hat.Â
Ich gehe davon aus, dass ich ohne meinen Verstand als Waffe schon durchaus einige Abrutscher ins Psychotische gehabt hätte, das konnte ich aber verhindern: Manches mal, war dazu vielleicht auch noch ein Medikament hilfreich. Damit wir uns nicht falsch verstehen: ich höre keine Stimmen, wenn ich aber menschliche Stimmen höre, die (vor allem) laut und aufgeregt sprechen, dann fängt es in mir an zu rattern und es wird dann schnell zuviel und fühlt sich eben bedrohlich an. Ich werde dann mit Infos zugebombt, die ich nicht verarbeiten kann. Ich habe mir auch immer wieder gesagt, dass diese Stimmen zwar in meine Wohnung dringen können, sie können mir aber EIGENTLICH nichts anhaben (gut, die Menschen zu den Stimmen, die könnten es, es ist aber weitestgehend irreale Angst, dass ich in etwas involviert werde, wenn ich mich ruhig verhalte). Dazu kommt das Problem, dass ich mich ungern ruhig verhalte, wenn ich das Gefühle habe, dass jemand in Not sein könnte. Das kollidiert dann krass in meinem Kopf: Helfen wollen vs. oft nicht helfen können (wegen Blockade im Kopf und den Katastrophengedanken, die die Ängste befeuern. Das führt dann noch zu Frustration oder Wut.Â
Wenn ich es realistisch betrachte (was die Ängste halt schnell angreifen), dann ist die Wohnung hier der sicherste Ort. Klar, man kann sich sonstwas zusammen spinnen, wer oder was in diese Wohnung eindringen könnte, das geschieht wohl ab und an im Kopf auch, aber strenggenommen bin ich hier schon ziemlich sicher. Ich wohne auch in der falschen Gegend, aber an dem Thema hängen dann wieder so viele Unterthemen dran, dass ich das Fass nicht aufmachen möchte. Etwas Anonymität brauche ich dann auch, um etwas über mich preis zu geben.
Alles nicht ideal, kann ich zusammenfassend sagen. Der Tag vergeht und ich trage drinnen, wie bereits erwähnt, Kopfhörer oder Ohropax und wenn ich draußen und unter Menschen bin, höre ich dann halt Musik (das ist allerdings nichts Ungewöhnliches). Erstaunlicherweise, kann ich dann doch meist recht gut einschlafen, ich werde halt oft sehr spät müde. Es ist jetzt aber auch wirklich nicht meine Jahreszeit, zum Ende des Jahres, bewegt sich immer sehr viel in mir, das ist mir bekannt, aber es ist dieses Jahr anders, weil da das Allein-Wohnen plus die Jahreszeit sind. Nun ringe ich täglich um ein Level, was wenigstens einigermaßen erträglich ist, was es auf Dauer aber nicht sein kann. Dieses Ãœberleben statt Leben, ist nicht mein Ding, wenn ich allerdings ziemlich machtlos meinen Ängsten gegenüber bleibe, dann wird das noch eine Weile so bleiben. Ich schätze mich im Moment nicht als depressiv ein, da bin ich sehr wachsam geworden, es verwundert mich auch (diese Verwunderung ist aber positiv, also kann ich sie gut aushalten), es scheint mir aber durchaus zu gelingen, gegen die dunkle Armee zu bestehen.
Hatte ich einen typischen Tag jetzt eigentlich zu Ende beschrieben? Ich schlafe meist mit Musik ein und bringe mich mit Musik durch den Tag.Â
Wenn ich am Schreibtisch sitze und mir was aus dem Kühlschrank holen möchte, dann entscheide ich mich meist dazu, dass mit Musik als Begleitung zu tun. Oft gibt es fast slapstick-hafte Einlagen, weil ich (weil unkonzentriert) über was, oder ich bleibe mit den Kopfhörern irgendwo hängen, usw.Â
Es gibt immer häufiger - und auch nicht erst seit Kurzem - den Wunsch nach Ruhe. Um nicht noch mal in die Theorie einzusteigen, erspare ich mir (vorerst) zu nennen, wie ich mir erkläre, dass diese Ängste so stark geworden sind. Ich musste leider auch feststellen, dass die Medis, die ich früher einnahm, nicht mehr die Wirkung haben, die ich von früher kenne (zumindest nicht in der Dosis von früher). Ich habe allerdings auch Jahre ohne Medis überlebt.
Da ich nicht viel davon halte, dass wir uns gegenseitig unsere schrecklichen Erlebnisse erzählen, die wahrscheinlich dazu geführt haben, dass uns diese Ängste mehr oder weniger beherrschen, hoffe ich auf Inspirationen durch Euch und Beschreibungen, welche Methoden Ihr entwickelt habt, um ähnliche Ängste einzudämmen.
ich finde gut, wenn Leute sich mitteilen, dafür ist ein Forum ja auch da, ich werde aber (wegen Trigger-Gefahr) eher kaum bis keine biographischen Geschichten lesen (das ist reiner Selbstschutz).
Wenn ich mich von außen betrachte, dann schüttel ich oft mit dem Kopf und denke mir, wie ich reagieren würde, wenn mir wer erzählt, dass er so (wie ich) den Tag (und die Nächte) verbringt. Schwer zu sagen, dann hätte ich ja auch eine andere Biographie, da mich das Ganze oft halt selber verstört (ich finde gerade kein Wort, das hier besser passt), kann ich mir da vielfältige Reaktionen vorstellen. Was viele Therapeuten und/oder andere Ärzte halt zur Verzweiflung bringt, ist die Tatsache, dass ich mich und meine Verhaltensweisen mehr oder weniger richtig analysiere, ich allerdings keine effektiven Wege finde, um die Angst zumindest einzudämmen, außer eben durch die bereits beschriebenen und unbefriedigenden Methoden.
Es wird bald auch neuer Krach auf mich zu kommen oder besser gesagt: ein anderer Geräuschpegel, da sowohl rechts, wie auch links von mir neue Leute einziehen werden. Wenn ich ehrlich zu mir bin, dann ist diese Art zu wohnen auch nichts für mich. Ich hatte die letzten Jahre immer wieder diese Probleme mit Geräuschen und/oder Stille, die Ängste scheinen sich aber immer wieder zu modifizieren. Ich spreche hier nur über die Ängste, die mich aktuell besonders einschränken, mal schauen, ob ich noch tiefer in die Materie einsteige, zumindest sehe ich bei diesen Reaktionen Bedarf zu handeln. Therapie mache ich und einen Psychiater habe ich. Bedarfs-Medis habe ich auch (da hat mich früher allein beruhigt, dass ich das Zeug in der Wohnung hatte).
Meine Wohnung ist einfach kein Rückzugs- und Wohlfühlort. Ich mag dieses Wohnen mit einem über mir, zwei neben mir (in Kürze wieder) und einem unter mir auch überhaupt nicht. Ich fühle mich außerdem eingesperrt, obwohl ich ja jederzeit rausgehen kann. Obwohl, das stimmt so auch nicht, da auch das wiederum von meiner Stimmung abhängt. Oft ist die Angst vorher aber schlimmer, als die, die dann wirklich Eintritt. Auch dieses Phänomen erlebe ich seit Jahren und habe bislang leider keinen Weg gefunden, das zu umgehen oder daraus zu lernen. Es gibt also noch sehr viel zu tun und wenn ich zurückblicke, habe ich schon so viele unternommen und getan, um der Herr im eigenen Haus (Kopf) zu werden. Das reicht jetzt auch erst mal, es gibt schon genug zu lesen und zu verarbeiten. Ein Umzug, ist im Moment eher nicht drin, schaffe ich nervlich gerade auch gar nicht,Â
Grüße
Eiswolf
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