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Ich gehöre nun auch dazu
#1
Hallo Zusammen,

ich bin 25 Jahre alt und studiere seit 2018. Ich bin ein sehr offener Mensch, sage eigentlich immer meine Meinung und kann aber auch nicht nein sagen. 

Seitdem Corona aktuell ist habe ich wohl unterbewusst sehr viel ertragen müssen. Das die Universität nun online stattfindet hat mich schonmal sehr geknickt aber auch das wochenlange Zuhause sein ohne soziale Kontakte o.ä. hat mich anscheinend mehr mitgenommen als ich dachte. Zudem hatte ich meinen Freund auch mehrere Wochen nicht gesehen da er im Krankenhaus arbeitet und ich kein Risiko eingehen wollte. Man muss dazu sagen, das ich bei meiner Großmutter lebe. Sie ist Risikopatientin, weswegen ich mir immer mehr Gedanken gemacht habe als andere. Aber keine Angst, meinen Eltern geht es gut 😌. 

Ich habe im März Urlaub gebucht und die Flüge würden dann storniert. Ich habe das alles dann umgebucht. Ich äußerte schon bedenken wegen Corona in den Urlaub zu fahren aber mein Freund meinte das alles gut wird. Eine Woche vorm Urlaub bekam ich dann einen ganz komischen Schwindel. Ich bin zu der Vertretung meines Hausarztes. Die Ärztin hat Blut abgenommen und alles weitere gecheckt. Puls, Blutdruck, Temperatur etc. Es kam nichts dabei raus, meine Werte waren gut. Sie meinte es sei womöglich ein Infekt und ich solle mich einfach ausruhen. Ich sagte mir selbst, das wenn das nicht besser wird, ich den Urlaub absagen wurde würde. Zwei Tage bevor der Flieger gingy war alles bestens und ich freute mich auf den Urlaub.

Dort angekommen hab es einen Trigger für mich: Im Hotel wurde Temperatur gemessen und ich hatte 37,3. Der Hotelangestellte schaute mich komisch an und nach 10sek nahm er erneut meine Temperatur. Sie war dann 37. Ich stand auch unter einem Ventilator. Mit diesem Blick hat er die komplette unterbewusstr, weggeschobene Angst der letzten Wochen hervorgeholt. In der Nacht konnte ich kaum schlafen. Mein Herz schlug schnell und ich zitterte am ganzen Körper. Der Urlaub wurde zum Horrorerlebnis. Ich schlief kaum noch, die Nächte waren begleitet von Panikattacken. Eine war besonders heftig. Ich dachte ich müsste sterben. Auch tagsüber ging es mir nicht gut. Ich hatte Atemprobleme und war aufgekratzt und konnte mich auf nichts konzentrieren. Ich weinte immer wieder. Mein Freund konnte mir leider nicht viel helfen. Ich überlegte ins Krankenhaus zu gehen, aber wusste das mir dort niemand helfen konnte. Tagsüber gingen wir an den Strand oder in die Stadt. Ich ließ es mir nicht nehmen ein normales Leben zu führen trotz der Umstände. Trotzdem fühlte ich mich sehr schlecht. Schlussendlich flogen wir 2 Tage früher zurück. Ich hielt es einfach nicht mehr aus. Am Tag der Abreise ging es mir ganz gut. Als wir daheim angekommen waren machten wir einen Corona Test der negativ war.

Ich war bei meinem Hausarzt, bei dem ich unter Tränen erzählte was passiert war. Seine Meinung: Angst und Panikattacken/Störung. Ich könnte zu einem Psychologen wenn ich wolle, und ich sollt meditieren und Atemübungen machen. Ich bekam eine Ãœberweisung. Ich weiss nicht was ich erwartete, aber jemanden der sowas durchgemacht hat sagen man soll atmen und einfach schlafen gehen ist wie ein Schlag ins Gesicht. Das alles ist nun eine Woche her.


In drei Wochen habe ich einen Termin in einer Klinik für Psychosomatik. Schlafen klappt mittlerweile wieder besser, ist aber auch nicht wie früher. Meine Tage sind begleitet von Kopfschmerzen und Sehstörungen. Das verunsichert mich immer wieder und triggert meine Angst. Seitdem ich wieder in Deutschland bin hatte ich keine Panikattacke mehr. Ich denke auch nicht das nochmal eine kommt. Ich habe schon überlegt nochmal zum Hausarzt zu gehen und mich durchchecken zu lassen, traue mich aber nicht mehr nach der Aktion. Ich hoffe das ich mich bald wieder normal fühlen kann. Die drei Wochen werden wohl die längsten die ich je erlebt habe 😔.

Grüsse ♥️
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#2
Hallo Lioola,
Ich kann gut nachvollziehen, dass einem in der Situation der akuten Angst alle gut gemeinten Ratschlaege total bekloppt vorkommen.
Aber Dein Arzt haette Dir alternativ nur beruhigende Pillen verordnen koennen, die das zugrundeliegende Problem nicht tangieren. Das wirst Du erst in der Klinik rauskriegen koennen oder in einer ambulanten Therapie. Intuitiv hast Du doch vieles richtig gemacht. Du hast den Urlaub versucht, zu geniessen, und warst nicht wieder beim Arzt (der vermutlich bei einer 25-jaehrigen Frau nichts wird feststellen koennen, zumal das kurz vorher bereits gemacht wurde). Und Du hast durch Deine Achtsamkeit keine weitere Panikattacke mehr gehabt.
Hier drueckt Dir vermutlich jeder die Daumen, dass sich bald wieder "alles normal anfuehlt".
Hier noch ein weiterer bekloppter Rat: versuch mal, Gelassenheit zu ueben und dei Situation anzunehmen, wie sie jetzt ist, auch wenn es sich scheisse anfuehlt. Mach Dir bewusst, dass Du nicht alleine bist, sondern in der Gemeinschaft der "Angshasen" und dass es davon sehr viele gibt. Das hat man nur nicht auf der Stirn stehen.... Es passiert jedoch nix Schlimmes, und DU hast die Aussicht auf eine Pause.
So schlimm koennen die 3 Wochen also nicht werden, vor allem auch, wenn Du Dir noch was anderes vornimmst. Wenn es uebel ist, kannst DU ja mal schreiben.
Alles Gute Gopi
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#3
Hallo Lioola,

herzlich willkommen bei uns im Forum.
Das wird sicher alles wieder besser werden. Gut, dass du in 3 Wochen in eine Psychosomatisch Klinik kannst. Dort lernst du sicher mit der Angst umzugehen.

Gruß
Karin
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#4
Hallo!

Danke erstmal für die lieben Worte!

Ich lebe meinen Alltag ganz normal weiter wie auch davor. Im Oktober geht die Uni weiter und ich hoffe das ich mich bis dahin etwas besser fühle und einigermaßen normal weitermachen kann. Wahlweise kann ich auch Kurse streichen bzw. weniger machen.

Heute kam ein Riesen-Fragebogen der Ambulanz mit sehr vielen Fragen. Da muss ich mich vor dem Termin dann noch durchkämpfen.

Diese körperlichen Einschränkungen machen mir das Leben schwer. Mein Kopf brummt und ich habe den klassischen Klos im Hals.
Aber zum Arzt deswegen zu gehen, das mache ich nicht. Ich weiß ja das ich nichts Körperliches habe.

Grüße!
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#5
Hallo Lioola,

gut, dass du deinen Alltag lebst wie bisher, trotz der Symptome. Die auch sehr typisch für eine Angsterkrankung sind.

Gruß
Karin
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#6
Hallo Lioola,
danke für deinen Bericht. Ich kann gut nachempfinden, durch was du gegangen bist. Auch für deinen Freund, der in einem Krankenhaus arbeitet, ist es sicher nicht einfach. Corona betrifft uns alle und Ängste, bis hin zu solch schlimmen Zuständen, wie du sie erlebt hast, sind heute generell weit verbreitet. Du bist nicht allein, vielleicht gibt dir das ein kleines bisschen Trost in der schweren Zeit. Dein Hausarzt hat vielleicht den falschen Ton getroffen, aber sein Rat, Atemübungen zu machen und zu meditieren, ist ein guter Rat. Wenn du dir jeden Tag ganz bewusst etwas Zeit nur für dich (nicht für andere, nur für dich und deine Seele) nimmst und für zehn Minuten in die Stille gehst (das reicht schon als Meditation), wirst du innere Ruhe und Stabilität gewinnen. Das Gegenteil von Angst ist Gelassenheit. Ruhiges tiefes Atmen ist ein wunderbares Mittel, um Ängste aufzulösen. Die Corona-Krise wird noch länger andauern - aber wir können gerade in dieser Zeit lernen, unsere vielen Ängste zu bewältigen und das strahlt auch in die Umgebung aus. Das ist eine schöne Aufgabe und gerade sensible und hilfbereite Menschen können hier anderen vorausgehen.
Ganz liebe Grüße und mit Wünschen, dass es dir bald wieder gut geht,
DoubleYou :-)
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#7
Hallo,

Seit circa 2 Wochen ging es mir schon besser. Meine Symtome wurden deutlich weniger, ich konnte viel besser schlafen. Doch dann habe ich mich mal wieder übernommen und war Samstag auf der Kommunion meiner Cousine. So +-20 Menschen waren da. Nun, 3 Tage später, geht es mir wieder super beschissen. Mein Kopfweh ist zurück, es drückt auf meine Ohren wie die Hölle. Außerdem bilde ich mir ein das mein eines Nasenloch läuft, wenn ich schnäuze kommt da so gut wie garnichts heraus. Wollte einen Coronatest machen - ist aber ohne Symtome (Fieber, Husten, Halsweh) 160€ teuer. Im Endeffekt weiß ich das ich nichts habe, weil alle die auf der Feier waren inkl. mein Freund bei dem ich die letzten Tage bin, sich super fühlen. Es ist warscheinlich einfach nur wieder mein blöder Kopf! Es ist einfach so verdammt anstrengend gerade und ich weiß nicht wo hinten und vorne ist. Alles ist durcheinander. Ich habe nichtmal mehr Worte dafür. Ich will einfach nur dass es mir besser geht.

Heute war der Termin in der Ambulanz. Die Psychologin war super nett und verständnisvoll. Ich habe 50 Minuten lang erzählt und zwischendurch echt arg geweint. Sie meinte das sie in einer Woche einen erneuten Termin vereinbaren würde, bei dem sie mir eine Empfehlung aussprechen würde. Ich habe zu Beginn einen stationären Aufenthalt verweigert - bzw. gesagt das ich es nicht so toll fände. Tagesklinik kann ich mir gut vorstellen auch wenn ich dafür mein Studium pausieren müsste - Gesundheit geht eben vor.

Was mich auch sehr belastet ist, das meine Mutter 0 Verständnis für meine Situattion hat. Ich versuche ihr zu schreiben und ihr zu zeigen wie sehr ich sie brauche, aber sie stellt alles so hin als wäre es nicht schlimm und als ob ich mich nicht so anstellen solle. Klar - jemand dem das nie passiert ist kann sich schlecht vorstellen wie es einem geht. Aber jemanden sowas entgegen zu bringen macht die Sache nur noch schwerer.

Danke für eure Beiträge!
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#8
Bis jetzt hatte ich keine heftigen Panikattacken mehr - es ist wenn dann eher wie eine sehr lang gezogene Panikattacke die dann eben den ganzen Tag passiert.
Anstregend ist garkein Ausdruck.
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#9
Liebe lioola,
ich denke, deine extrem anstrengenden Kopf- und Gedankenängste kommen daher, dass du, wie es jeder Mensch braucht, wahrgenommen und verstanden werden willst und deine Mutter (die wichtigste erste Person in deinem Leben) das nicht konnte und immer noch nicht kann. Leider. Ich hatte selber solch eine Mutter und es hat viele Jahre gebraucht, bis ich begriffen habe, dass sie es leider nicht konnte. All mein Hoffen auf Einsicht bei ihr war vergebens. Und als ich ihr irgendwann vergeben habe, dass sie nicht so sein konnte, wie ich es gebraucht hätte, begann ich, mich besser auf mich selbst zu verlassen und Vertrauen in mir zu finden.
Du schreibst: „Doch dann habe ich mich mal wieder übernommen ...“
Bitte, übernimm Dich vorerst nicht mehr sondern pflege Dich und sei gut zu Dir. Behandle Dich selbst so liebevoll, rücksichtsvoll und verständnisvoll, wie es Deine Mutter hätte tun sollen, aber nicht kann. Dann wird alles besser, du hast es ja schon erlebt.
Liebevolle Grüße :-)
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#10
Hallo Lioola, 

oft ist es für das nähere Umfeld sehr schwer, sich in die Ängste hinein zu fühlen und damit umzugehen. Ich habe selber eine ähnliche Situation mit meinem Freund, der lange Zeit entweder gar nichts zu meinen Ängsten gesagt hat oder Dinge wie 'So schnell stirbt man nicht'. Das hat mich immer wieder ein Stück mehr nach hinten geworfen und ich habe mich sehr unverstanden gefühlt. Wir haben viel darüber gesprochen; er hat sich erklärt und mir gesagt, dass er sich sehr hilflos fühlt und nicht weiß, was er tröstendes sagen kann - es ist wichtig auch sein Gegenüber etwas besser verstehen zu können. 
Gerade der älteren Generation fällt es häufig schwer, mit solchen Themen um
zugehen. Sie sind noch ganz anders sozialisiert, sind mit einem anderen Verständnis von psychischen Krankheiten aufgewachsen und können sich häufig nur schwer in eine solche Erkrankung hineinversetzen. - Kannst du dir vorstellen, mit deiner Mutter ins Gespräch zu gehen und ihr die Gefühle zu spiegeln, die sie in dir auslöst ? Ihr vielleicht zu sagen, was du von ihr brauchst ? 


Corona ist für alle eine extreme Herausforderung und mit vielen Unsicherheiten verbunden - auch ich kann ein Lied davon singen. Wir können nur versuchen unseren Ängsten auf den Grund zu gehen um sie besser zu verstehen. Dann fällt es auch leichter, sie aus einer anderen Perspektive zu betrachten und sie zu akzeptieren, sich selbst Halt zu geben und Sicherheit in sich selbst zu finden. 

Liebe Grüße, 

Potter
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#11
Hey Zusammen,

danke für eure Antworten. Natürlich versuche ich immer rational zu denken, das fällt mir aber meistens sehr schwer.

Mittlerweile geht es mir wieder ein wenig besser - die körperlichen Symtome wechseln sich allerdings tagtäglich ab. Mal ist es frieren, dann wieder würgen (wenn's ganz schlimm ist), oder auch Schmerzen auf Höhe der Niere. Das ist dann aber nur für einige Stunden präsent und löst sich dann ab.

Mittlerweile lasse ich mich davon nicht mehr viel triggern. Dennoch habe ich mich entschlossen den Winter über einfach nur Zuhause zu bleiben und für's einkaufen oder spazieren nur das Haus zu verlassen. (Ich studiere und arbeite von Zuhause aus). Ist leider schade, allerdings sehe ich gerade keine andere Lösung wie das ganze für mich erträglicher wird.

Ablenkung fällt mir sehr schwer, schlafen geht auch sehr schlecht wieder. Sobald ich schlafen gehe oder mich ablenken habe ich das Gefühl ich gebe die Kontrolle ab und könnte etwas übersehen. Trotzdem gehe ich als lange spazieren. Hunger habe ich auch wieder nur sehr selten. Mein Körper hat einfach auf Sparflamme gestellt.

Dienstag ist der zweite Termin bei dem mir eine Empfehlung ausgesprochen wird. Klingt ziemlich Scheisse, aber ich bin wirklich froh wenn ich ein Medikament verschrieben bekomme. Etwas für den Notfall, denn alleine Pack ich das alles irgendwie nichtmehr. Nichts macht mir mehr wirklich Freude, ich kann über wenig noch lachen.

Grüsse 💙
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