03.10.2020, 18:36
(02.10.2020, 07:18)Gopi schrieb: Der Beweis dass so eine stationäre Therapie entscheidende Vorteile gegenüber ambulanten Massnahmen hat, ganz abgesehen vom temporären Wohlgefühl der Patienten, steht aus. Jedenfalls gibt es dazu keine seriös belastbaren Daten. Das werden die Legionen von Ärzten und Theraeuten dort bestreiten, ist aber so, denn in Ländern, wo das Gesundheitssystem streng evidenzbasiert ist, gibt es solche Therapien überhaupt nicht. Dafür sind allerdings ambulante Massnahmen viel besser verfügbar.
Bei den stationären Massnahmen fallen enorme Kosten für die Sozialsysteme an, und daher gehört sich nch m.E. nicht, dafür zu werben. Naturgemäß geht es den meisten Leuten (auch ohne Angststörung) besser, wenn man sie aus dem Verkehr zieht und für einen Monat aus der Alltagsmühle befreit und mit guten Therapeuten umgibt. Das heisst aber nicht, dass die so in die Lage versetzt werden, hernach den Alltag besser zu bestreiten. Ich habe sogar schon das Gegenteil gesehen !! Das hängt u.a. auch von den Therapeuten ab. Ob das am Ende einen Effekt hat, wird sich erst im Alltag zeigen....
Lieber Gopi,
erst einmal: alles, was einem leidenden Menschen hilft, sich besser zu fühlen, ist gut und unterstützenswert. Im Bereich seelischer Leiden gibt es generell wenig belastbare Daten und noch weniger Fakten. Diagnosen, Modelle, Therapien, das alles befindet sich in Bewegung und wird alle paar Jahre geändert und angepasst. Das sollte ein Betroffener wissen. Das Argument mit den „enormen Kosten“ stelle ich in Frage. Was soll es bringen? Wer angesichts von Leiden und Gesundheit mit Kosten argumentiert, geht meines Erachtens auf dünnem Eis und muss sich gegebenenfalls einen Mangel an Empathie vorwerfen lassen. Wie der junge Politiker, der sagte, er halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen, früher seien die Leute schließlich auch auf Krücken gelaufen.Â
Es ist eine schlechte Entwicklung, dass Kuren, die früher regelmäßig verordnet wurden, heute ein Luxus sind, den das Gesundheitssystem nur noch widerstrebend gewährt. Warum eigentlich? Es könnte gut sein, dass diese Entwicklung der Ökonomisierung des Gesundheitssystems zu den höheren Zahlen seelischer Erkrankungen beiträgt. Sicher gibt es auch dazu keine belastbaren Zahlen. Es liegt ein Widerspruch darin, dass den Menschen in Deutschland heute weniger Leistungen gewährt werden, während die Medikamentenhersteller ihre Mondpreise (das sagen Kritiker) selbst festlegen dürfen, und diese vom Gesundheitssystem (also dem Sozialsystem) ohne Widerspruch gezahlt werden.
Jede Therapie im psychischen Bereich ist, was Erfolge angeht, offen. Das ist gut so und gibt den Betroffenen Hoffnung und Optionen, mit denen sie aus der Hölle der Qualen wieder herausfinden können. Das sollte man nicht in Abrede stellen und schon gar nicht mit dem Argument der Kosten.
So, das musste an dieser Stelle gesagt werden.
Viele Grüße,
DoubleYou :-)