05.12.2018, 12:24
Hallo zusammen,
auch ich bin neu hier. Ich bin 36. Irgendwie finde ich mich in den Erfahrungsberichten der anderen Menschen hier oft nicht so recht wieder. Denn meine Angst kommt in Episoden.
2004 hatte ich während des Auslandsstudiums die erste große Episode. Ich hatte riesige Angst, das alles nicht hinzubekommen. Ich konnte kaum noch Schlafen, nicht mehr Essen, weil ich so einen trockenen Mund und keinen Appetit hatte, habe viel Wasser getrunken, musste dauernd auf Toilette (vom Wasser aber auch so), mein Körper kribbelte, Schauer gingen durch meinen Körper, schwitzige Hände, Kieferpressen, Brennen und Stechen im Magen und in meinem Genitalbereich zog sich alles zusammen. Ich war so hochgepitcht, dass ich teilweise zu den Vorlesungen rannte. Zudem weinte ich die ganze Zeit und habe jeden Tag Stunden mit meiner Mutter und meiner damaligen Freundin telefoniert. Ich war vollkommen hilflos und verzweifelt. Von da an begleitete mich die Angst. Mal mehr, mal weniger. 2010 bei der Jobsuche nach dem Studium kam die nächste größere Episode. 2014 nach der selbst gewählten Kündigung (der Job hatte für mich zu viel Verantwortung) die nächste richtig große. Ich habe BWL studiert. Gelernt habe ich wie ein Irrer – aus Angst. Spaß hat es mir nicht gemacht. Ich habe Ideale, möchte etwas gutes Tun und helfen (fragt mich jetzt bitte nicht, warum ich dann BWL studiert habe). Nun habe ich einen Job im sozialen Bereich, bei dem weniger „gefühlter“ Druck herrscht mit netten Kolleginnen.
Leider hat meine Leistungsangst nicht nur mit dem Job zu tun, sondern auch mit dem weiblichen Geschlecht. Wenn ich dann keine Frau an meiner Seite habe, sei es auch nur nach einer Party, dann fühle ich mich minderwertig und schlecht, weil alle anderen ja offensichtlich so viel tollere Typen sind als ich. Dann traf ich vor einem Jahr eine Frau. Die ersten 2-3 Monate waren gut. Dann kamen Zweifel auf. Das hatte ich auch schon bei anderen Frauen, seit meine letzte große Beziehung zu Ende ging. Diesmal wollte ich diesen Zweifeln aber nicht nachgeben und ich blieb bei ihr. Nach 8 Monaten folgte die Angst in einer neuen Episode. Im März hatte ich Escitalopram langsam abgesetzt. Im Juli begann dann die nächste große Episode. In Bezug auf Beziehungen kannte ich das in der Form nicht. Ich hatte panische Angst davor, mich als Single in Zukunft nur noch minderwertig zu fühlen. Die Angst vor der Angst… Ich dachte bisher, sie sei nur auf die Arbeit beschränkt. Meine Erklärung war, dass die Angst bei meinem jetzigen Job keinen Anknüpfungspunkt findet und deshalb sich diese neue Baustelle sucht. Aber sie verlagerte sich wieder auf den Job, bereits bevor wir uns trennten. Jetzt habe ich wieder panische Angst vor der Zukunft. Wie will ich je wieder einen anderen Job finden? Bin ich in dieser Nische nicht gefangen? Ich kann dem Druck da draußen ja nicht standhalten – nur hier in dieser heilen Welt geht es irgendwie. Ich habe mich durch diesen Job in eine Sackgasse manövriert, aus der ich nicht mehr rauskomme. Und so weiter und so fort. Alles Gedankenkreisel enden am selben Punkt: Es gibt keinen Ausweg. Alles ist versperrt und ich bin am Ende. Da kommen dann auch die Suizidgedanken hoch. Seit fast 6 Monaten geht es mir nun wieder schlecht.
2 VTs und eine TP habe ich bereits hinter mir. Gerade habe ich VT Nr. 3 angefangen. Diagnose derzeit: Generalisierte Angststörung. Ich werde auch in eine Klinik gehen im kommenden Jahr. Medikamente nehme ich derzeit nicht. Hatte auch nicht den Eindruck, dass die beim letzten Mal halfen. Nun lebe ich seit fast 15 Jahren mit dieser Krankheit. Ich mache vieles, damit es mir besser geht. Ich fahre jeden 1h mit dem Rad zu Arbeit und zurück, treibe regelmäßig Sport, meditiere täglich, achte einigermaßen auf meine Ernährung, habe mich auch nach dem Ende meiner letzten Therapie immer mit dem Thema beschäftigt um am Ball zu bleiben. Und nun ist es wieder so weit. Hilft denn nichts?
Es ist schon wieder etwas besser geworden. Ich schlafe meist ok und kann wieder essen. Aber die Gedanken lassen mich nicht in Ruhe. Alles dreht sich nur noch um meinen Job und die Zukunft damit. 24/7. Ich weiß wieder nicht (wie 2010 und 2014), was ich in meinem Leben eigentlich will und will einfach nur weg. Ich habe das Gefühl nicht in diese Welt zu passen. Ich habe Angst vor dem Druck, der in der Wirtschaft herrscht und ich habe Angst davor, berufsunfähig zu werden. Mein Körper scheint nicht mehr nur auf Flucht gepolt zu sein, aber die Angst ist täglich da und ich könnte mir vorstellen, dass ich gerade in einer zusätzlichen Depression stecke. Wann immer ich Erfahrungsberichte von Menschen lese, die mit einer Angststörung leben und arbeiten, frage ich mich, wie sie das machen. Ich bin zwar derzeit nicht krankgeschrieben, aber ich funktioniere überhaupt nicht. Ich kann gerade nur das nötigste machen und das auch nur, weil ich hier den Raum und viel Zeit dazu habe. Wäre es hier stressig oder mit Druck verbunden, hätte ich keine Chance. Ich würde untergehen… Ich habe so eine Episode noch nie gehabt während ich einen Beruf ausgeübt habe. Auch ist es so schwer zu wissen, dass die Krankheit nicht heilbar ist. Man kann nur lernen mit ihr umzugehen. Aber wie will man das und diese Gefühle akzeptieren? Heute morgen habe ich wieder den Weg zu Arbeit durchgeweint…
Kennt das da draußen jemand oder bin nur ich das? In den meisten Erfahrungsberichten zu Angststörungen finde ich mich nicht so recht wieder. Ich komme mit Menschenmengen klar, kann fliegen, habe keine Angst um meine Gesundheit oder die von anderen… Aber es gibt immer wieder Phasen in meinem Leben, da überrollt mich die Angst.
auch ich bin neu hier. Ich bin 36. Irgendwie finde ich mich in den Erfahrungsberichten der anderen Menschen hier oft nicht so recht wieder. Denn meine Angst kommt in Episoden.
2004 hatte ich während des Auslandsstudiums die erste große Episode. Ich hatte riesige Angst, das alles nicht hinzubekommen. Ich konnte kaum noch Schlafen, nicht mehr Essen, weil ich so einen trockenen Mund und keinen Appetit hatte, habe viel Wasser getrunken, musste dauernd auf Toilette (vom Wasser aber auch so), mein Körper kribbelte, Schauer gingen durch meinen Körper, schwitzige Hände, Kieferpressen, Brennen und Stechen im Magen und in meinem Genitalbereich zog sich alles zusammen. Ich war so hochgepitcht, dass ich teilweise zu den Vorlesungen rannte. Zudem weinte ich die ganze Zeit und habe jeden Tag Stunden mit meiner Mutter und meiner damaligen Freundin telefoniert. Ich war vollkommen hilflos und verzweifelt. Von da an begleitete mich die Angst. Mal mehr, mal weniger. 2010 bei der Jobsuche nach dem Studium kam die nächste größere Episode. 2014 nach der selbst gewählten Kündigung (der Job hatte für mich zu viel Verantwortung) die nächste richtig große. Ich habe BWL studiert. Gelernt habe ich wie ein Irrer – aus Angst. Spaß hat es mir nicht gemacht. Ich habe Ideale, möchte etwas gutes Tun und helfen (fragt mich jetzt bitte nicht, warum ich dann BWL studiert habe). Nun habe ich einen Job im sozialen Bereich, bei dem weniger „gefühlter“ Druck herrscht mit netten Kolleginnen.
Leider hat meine Leistungsangst nicht nur mit dem Job zu tun, sondern auch mit dem weiblichen Geschlecht. Wenn ich dann keine Frau an meiner Seite habe, sei es auch nur nach einer Party, dann fühle ich mich minderwertig und schlecht, weil alle anderen ja offensichtlich so viel tollere Typen sind als ich. Dann traf ich vor einem Jahr eine Frau. Die ersten 2-3 Monate waren gut. Dann kamen Zweifel auf. Das hatte ich auch schon bei anderen Frauen, seit meine letzte große Beziehung zu Ende ging. Diesmal wollte ich diesen Zweifeln aber nicht nachgeben und ich blieb bei ihr. Nach 8 Monaten folgte die Angst in einer neuen Episode. Im März hatte ich Escitalopram langsam abgesetzt. Im Juli begann dann die nächste große Episode. In Bezug auf Beziehungen kannte ich das in der Form nicht. Ich hatte panische Angst davor, mich als Single in Zukunft nur noch minderwertig zu fühlen. Die Angst vor der Angst… Ich dachte bisher, sie sei nur auf die Arbeit beschränkt. Meine Erklärung war, dass die Angst bei meinem jetzigen Job keinen Anknüpfungspunkt findet und deshalb sich diese neue Baustelle sucht. Aber sie verlagerte sich wieder auf den Job, bereits bevor wir uns trennten. Jetzt habe ich wieder panische Angst vor der Zukunft. Wie will ich je wieder einen anderen Job finden? Bin ich in dieser Nische nicht gefangen? Ich kann dem Druck da draußen ja nicht standhalten – nur hier in dieser heilen Welt geht es irgendwie. Ich habe mich durch diesen Job in eine Sackgasse manövriert, aus der ich nicht mehr rauskomme. Und so weiter und so fort. Alles Gedankenkreisel enden am selben Punkt: Es gibt keinen Ausweg. Alles ist versperrt und ich bin am Ende. Da kommen dann auch die Suizidgedanken hoch. Seit fast 6 Monaten geht es mir nun wieder schlecht.
2 VTs und eine TP habe ich bereits hinter mir. Gerade habe ich VT Nr. 3 angefangen. Diagnose derzeit: Generalisierte Angststörung. Ich werde auch in eine Klinik gehen im kommenden Jahr. Medikamente nehme ich derzeit nicht. Hatte auch nicht den Eindruck, dass die beim letzten Mal halfen. Nun lebe ich seit fast 15 Jahren mit dieser Krankheit. Ich mache vieles, damit es mir besser geht. Ich fahre jeden 1h mit dem Rad zu Arbeit und zurück, treibe regelmäßig Sport, meditiere täglich, achte einigermaßen auf meine Ernährung, habe mich auch nach dem Ende meiner letzten Therapie immer mit dem Thema beschäftigt um am Ball zu bleiben. Und nun ist es wieder so weit. Hilft denn nichts?
Es ist schon wieder etwas besser geworden. Ich schlafe meist ok und kann wieder essen. Aber die Gedanken lassen mich nicht in Ruhe. Alles dreht sich nur noch um meinen Job und die Zukunft damit. 24/7. Ich weiß wieder nicht (wie 2010 und 2014), was ich in meinem Leben eigentlich will und will einfach nur weg. Ich habe das Gefühl nicht in diese Welt zu passen. Ich habe Angst vor dem Druck, der in der Wirtschaft herrscht und ich habe Angst davor, berufsunfähig zu werden. Mein Körper scheint nicht mehr nur auf Flucht gepolt zu sein, aber die Angst ist täglich da und ich könnte mir vorstellen, dass ich gerade in einer zusätzlichen Depression stecke. Wann immer ich Erfahrungsberichte von Menschen lese, die mit einer Angststörung leben und arbeiten, frage ich mich, wie sie das machen. Ich bin zwar derzeit nicht krankgeschrieben, aber ich funktioniere überhaupt nicht. Ich kann gerade nur das nötigste machen und das auch nur, weil ich hier den Raum und viel Zeit dazu habe. Wäre es hier stressig oder mit Druck verbunden, hätte ich keine Chance. Ich würde untergehen… Ich habe so eine Episode noch nie gehabt während ich einen Beruf ausgeübt habe. Auch ist es so schwer zu wissen, dass die Krankheit nicht heilbar ist. Man kann nur lernen mit ihr umzugehen. Aber wie will man das und diese Gefühle akzeptieren? Heute morgen habe ich wieder den Weg zu Arbeit durchgeweint…
Kennt das da draußen jemand oder bin nur ich das? In den meisten Erfahrungsberichten zu Angststörungen finde ich mich nicht so recht wieder. Ich komme mit Menschenmengen klar, kann fliegen, habe keine Angst um meine Gesundheit oder die von anderen… Aber es gibt immer wieder Phasen in meinem Leben, da überrollt mich die Angst.