01.12.2020, 16:37
Moin, ich habe mich lange nicht blicken lassen, die Zeit verging schnell und ich weiß gar nicht so recht, auf was ich mich fokussiert habe, vielleicht hatte ich auch nur keine Lust zu schreiben (ich führe ja, mehr oder weniger regelmäßig, ein Handy-Tagebuch. Da ich mich bereits vorgestellt habe, verzichte ich mal auf eine erneute Einführung.
Vielleicht reise ich nicht in die Zeit kurz nach meinem Post zurück, sondern beschreibe das Jetzt, oder die letzten Monate (inkl. des Endes von 2019).
Nur zur Erklärung: Ich habe mich 2019 fast ausschließlich auf einen Klinikaufenthalt erlebt, dafür viel Kraft eingesetzt und auch gezeigt, dass ich mich durchaus noch auf etwas fokussieren kann, wenn es mir wichtig ist.Â
Man hat mich nach der Probezeit von 2 Wochen wieder nach Hause geschickt, und da war ich dann wieder in der Welt, in dem Umfeld, das ich woanders bereits beschrieben habe, aber auch das ist ja nicht statisch.
Dann saß ich hier Weihnachten und Silvester, auch wieder allein, von den Leuten in der Klinik hat sich dann auch irgendwann überhaupt nicht mehr gemeldet, nun, es ist halt so. Dann kam 2020, und irgendwann im März habe ich dann auch Corona ernstgenommen. Ich habe mich dann noch in einer Klinik hier um die Ecke vorgestellt, mittlerweile habe ich mich aber gegen diese Klinik entschieden.
Ich bin ja ehrlich zu mir, als das mit dem Klinik-"Rausschmiss" (der ja strenggenommen keiner war, sich aber so anfühlte) wirkt immer noch nah und hat auch in 2020 noch Bedeutung. Ich habe sogar dafür gekämpft, dass ich nicht gehen muss, aber meine Argumente reichten nicht. Ich war gerade angekommen und hatte auch begonnen mich den Leuten da zu öffnen, wenn ich unter Menschen bin, werde ich mit noch ganz anderen Ängsten und Beeinträchtigungen konfrontiert, als wenn ich zu Hause sitze und eher nur virtuelle Kontakte pflege. Kontakte dieser Art pflege ich mittlerweile intensiv und fast täglich, das war auch über längere Zeit nicht mehr so, ich bin froh, dass ich da Risiken eingegangen bin, es gab auch harte Konflikte, aber auch die haben strenggenommen Positives bewirkt.
In der Klinik fühlte ich mich von Anfang an wohl, also ich war auch angespannt, habe alles vollgeschwitzt und war nervös, usw, es war nicht leicht, aber ich habe mich da wie in einer Schutzzone gefühlt und so auch festgestellt, dass einige meiner Ängste nicht vollends verschwinden, wenn sich das Setting ändert, aber ich habe da z.B. ohne Kopfhörer/Ohropax geschlafen und nur leise Musik laufen lassen, das andeuernde Getriggere durch Geräusche, Stimmen aus meinem Umfeld oder knallenden Türen, Rumpeln und Rumsen von oben, das war da kaum bis gar nicht vorhanden. Auch Teile meiner Kontroll-Zwänge hatte ich wohl zu Hause gelassen.
Kaum war ich wieder zu Hause, das war wie gesagt kurz vor Weihnachten, hatte ich wieder mit dem Umfeld zu tun und ich hatte nicht wirklich was in der Klinik trainiert, weil da die ersten 2 Wochen eher ruhig angehen. Ich war da auch nicht primär wegen der Ängste, weil mein Psychiater die als Begleiterscheinung ansieht, oder als Teil des Gesamt-Pakets.
Im Endeffekt hat die Klinik dann seine Diagnose nicht bestätigt und man darf sich schon mal fragen, warum es so schwer ist, hier eine vernünftige Therapie für seine Angsterkrankung zu bekommen, selbst dann, wenn man sich den Hintern aufreißt und mehrmals mit dem Oberarzt telefoniert und für ein Vorgespräch, das knapp eine Std. dauert, über 9 Stunden (eine Fahrt) im Bus sitzt (worauf ich wiederum stolz bin, denn ich hätte nicht gedacht, dass ich das hinbekomme (man überrascht sich halt dann doch immer mal wieder selbst).
Wie gesagt, wieder zu Hause, aber mit der Erkenntnis, dass die Intensität meiner Ängste woanders nicht so derbe ist, oder ich mit anderen Ausprägungen der Angst konfrontiert werde. Ich kenne das ja von der Thera und vom Neurofeedback, dass das - mehr oder weniger - Safespaces sind, wo ich auch mal richtig durchatmen und mich entspannen kann (was beim Neurofeedback besser geht, da sitze ich vorher nämlich nicht im Wartezimmer).
Anfang 2020 war ich noch motiviert, es nochmals in einer Klinik zu versuchen, die Motivation sank dann aber auch schnell. Der Klinik war ich übrigens nicht depressiv genug, also zumindest wurde das so mit mir kommuniziert (ich dachte immer, das sei was Gutes).
Ich springe mal, März, war ich vom Corona-Verharmloser (aber nicht, weil ich Schwurbler bin), sondern weil ich es mit der Schweinegrippe und sowas verglichen habe, dann plötzlich zum Corona-Ernstnehmer geworden, es kamen dann auch die Maßnahmen und die spürbaren Veränderungen beim Einkaufen, usw.
Ich dachte am Anfang, dass sich meine Ängste nicht auf Corona einschießen, ich hatte glaube ich drei Momente, wo ich wegen Atemnnot und Schwindel (Schweißausbruch nachts) ,mal kurz Panik geschoben habe, aber im Endeffekt habe ich mich dann wieder geerdet und das mit dem Schweiß und dem Schwindel hängt wohl mit den Medis zusammen.
Anonsten kam ich in der Corona-Welt anfangs besser zurecht, als ich angenommen hätte. Irgendwann hat sich dann meine Sozialphobie auf die veränderte Reaktion reagiert, für mich ist es jetzt viel schwererer durch den Hausflur zu gehen, einzukaufen und in die Bahn steige ich auch nur, wenn sie nicht völlig überfüöllt ist und all das war auch schon vorher schlimm. Irgendwann, vor ein paar Monaten, ist der Typ über mir ausgezogen, sehr überraschend und in einer Hau-Ruck-Aktion, Wagen rollt an, alles fix rein, Wagen weg, er weg.
Ich hätte nicht gedacht, dass das in meinem Gehirn so ein Chaos auslöst, ich weiß auch nicht, wie das ohne Corona gewesen wäre (und werde es wohl auch nie erfahren).
Mein Katastrophen-Denken ist faktisch Amok gelaufen, "wer wird da einziehen?" und "Wann?" hat sich mit dem Katastrophendenken gepaart und ein Worst-Case-Szenario nach dem nächsten ausgelöst. Ich bin permanent im "Gleich zieht wer Neues ein, und es wird katastophal"-Modus, da hilft auch kein erden, ruhiges Atmen, oder andere Techniken, weil das ja null rational ist.
Ich kann mir nat. immer wieder sagen, dass real selbst dann keine Bedrohung bestehe, selbst, wenn es laut wird und eskaliert, aber zum Einen muss das gar nicht stimmen und ein Eingreifen, könnte dann auch mich in Gefahr bringen (falls ich überhaupt eingreifen würde). Ich versuche hier gerade zu beschreiben, wie penetrant dieses Katastrophendenken ist, und wie hartnäckig es täglich wirkt und mich blockiert, meinen Tagesablauf zum Teil beeinschränkt. So wurde ich vollkommen abhängig davon, was in meinem Umfeld passiert und selbst dann, wenn nichts Schlimmes passiert, dann nehme ich genau das halt im Kopf vorweg.
Das ist so anstrengend, wie es vielleicht klingt und es triggert mich. Ich habe immer häufiger Angst, aus dem Fenster zu gucken, denn es könnte ja wer einziehen. Es sind glaube ich mittlerweile vier oder fünf Umzüge in dieses Haus durchgeführt worden, aber keiner von denen zog in die Wohnung über mir.
Jeder dieser Umzüge hat mich getriggert, zudem triggert es mich allen, wenn ich Transporter hier parken sehe, weil das Hirn dann gleich wieder Szenarien erspinnt. Eine Zeit lang, das war ziemlich zwanghaft, bin ich immer auf den Balkon, wenn ich Autotüren gehört habe und nun habe ich (wieder?), den Zustand erreicht, dass ich dauerhaft Musik auf den Ohren habe, ich schaffe es nicht, das Draußen anders minimal auszuschließen (selbst die Methode ist nicht save, es gehen immer wieder Geräusche durch).
Wenn ich abends mit Leuten übers Internet chatte, habe ich immer noch Musik nebenbei auf den Ohren, ich ertrage die Stille immer schlechter, weil sie für mich keine Sicherheit bietet, ich kann mich nicht in sie hineinfallen lassen, das dürfte etwas sein, was andere hier auch kennen, ansonsten habe ich - auch in der Klinik - niemanden kennengelernt, wo viele Angst-Ãœbereinstimmungen waren, aber die waren ja auch nicht wegen der Ängste auf meiner Station.Â
Ist aber ein Generelles Phänomen, was wiederum sicher auch viele von Euch kennen: Man fühlt sich ab und an ziemlich allein mit dem, was einen täglich malträtiert, weil man niemanden findet, der das so richtig nachvollziehen kann, dann folgt meist Schweigen und dann habe ich dann auch keinen Bock mehr, mehr über mich zu erzählen (ist vielleicht ungerecht, aber ich nehme es den Menschen ja nicht übel, diese Ängste sind halt wirklich speziell.
Um mal zu beschreiben, wie sich die Ängste anfühlen, denn wir sind ja alle irgendwie wegen Ängsten hier: Man erscheckt sich, es geht durch Mark und Bein, wie in einem Horrorfilm, es geht sehr tief, ab und an holt es etwas hoch, und dieses entstehende Bedrohungsgefühl geht nicht weg. Dass die Bedrohung tatsächlich aus meinem eigenen Inneren stammt, hilft mir ja nichts, wenn sie sich wie von außen auf mich einwirkend anfühlt.
Die Bedrohung fühlt sich zudem so real an, als würde ein Tiger vor mir stehen, oder ein anderes Raubtier, was mich fixiert (obwohl ich denke, dass ich darauf anders reagieren würde, aber ich weiß es auch nicht). Viele kennen sicher den Zustand, dass die Angst lähmt, also sie lähmt mich mehr innerlich, ich stehe schon auf und bewege mich, wenn mich mal wieder etwas getriggert hat (und das passiert eigentlich täglich, ein Tag ohne Trigger ist sehr selten und dann ist dann ja wieder dieses "Was kommt als nächstes?"-Gefühl.
Ich habe mich von meiner Angst einsperren lassen, das wird mir immer bewusster, ich behaupte nicht, dass es keine Möglichkeit für mich gibt, um mich aus diesem Gefängnis zu befreien, aber ich habe gerade keine Strategie (deshalb sagte ich ja genau das den Profis, also denen, die vielleicht zumindest einen Anstoß liefern können), aber im Endeffekt hocke ich jetzt hier mit meiner Angst, die ich zwar überall mithin nehme, die da draußen aber ganz anders wütet, als hier drinnen.
Jetzt liegt wahrscheinlich nah, dass ich viel mehr Zeit draußen verbringen sollte, was im Sommer auch noch der Fall war, aber jetzt wird es kälter und ich bin eh so wetterfühlig, die Tage sind wieder kürzer und ich spanne mich zum Abend hin mehr an. Da ich im Herbst/Winter (im Moment lassen sie noch milde walten) auch nicht mehr so oft auf den Balkon begebe oder die Balkontür offen lasse, um zu lüften und vor allem Autogeräusche und Umfeldgeräusche reinzulassen, die mich nicht triggern, fühle ich mich halt vermehrt eingesperrt. Klar, ich kann jetzt "einfach" rausgehen und einen Spaziergang machen (tue ich auch, habe auch extra ne Fitness-App installiert), aber irgendwann bin ich dann doch wieder in meiner Wohnung (denn strenggenommen passt "Zuhause" gar nicht), wo die Angst ja fast auf mich wartet.
Und dieses Angst-vor-der-Angst-Haben ist halt so die "Königs-Klasse" von Worst-Case-Szenarien. Das kenne ich schon länger, ein fataler Kreislauf.
Sicher, ich beschäftige mich auch sehr viel mit dieser Angst, ich werde auch aus dem Inneren daran erinnert, wenn ich gerade mal kaum oder keine Angst habe, dass da ja noch was ist. Ich steuer das auch nicht, das passiert einfach. Ich kann sie oft nachträglich eindämmen, aber dieses diesen Horror-Film-ähnlichen-Anfangszustand, der wie gesagt wirklich tief geht und halt auch vorerst nicht weg geht und sich erst durch Fokussierung (sofern das geht) verringern kann, durch den "muss" ich meist leider erstmal durch.
Ich habe wirklich Angst vor dem Dezember, aber eine kleine Hoffnung habe ich dann doch noch, dass es nicht so übel wird, wie ich es immer wieder vorwegnahme (und auch das verändert sich). Es kann ja auch nicht so schlimm werden (aber ...).
Nun versuche ich Strategien zu finden, um durch dieses Winter zu kommen, ohne den Verstand komplett zu verlieren (eine tief verwurzelte Angst, die glaube ich Anfang der 90er das erste Mal bei mir auftauchte). Ich habe auch Angst, in die Psychose zu rutschen, weil das ganze System so dermaßen Dauerblastet ist und dafür, gebe ich ehrlich zu, bin ich ziemlich klar. ich trinke definitiv zu viel, was sicher bzgl. der Medis eine schlechte Idee ist, immerhin habe ich das aber mal als Sucht erkennt (macht es allerdings nicht besser). Der Alkohol verringert die Angstempfindungen nur minimal, aber man schläft schneller ein, und mein Schlaf ist ja eh nicht so entspannend, mit oder ohne Alkohol im Blut (Ängste und Zwänge machen auch vor den Träumen nicht halt).
ich glaube auch nicht, dass ich im Moment schaffe, aufzuhören, also komplett, ich trinke schon verschieden viel. Aber da bringt es nichts, sich irgendwas Schönzureden, es ist zu häufig und darum geht es. Ist jetzt auch nicht wirklich Corona geschuldet, aber ist vielleicht ein kleiner Katalysator gewesen.
So, ich brauche eine kleine oder längere Pause, mal schauen, was noch geht (immerhin ist heute der 01. des Monats, da kann dann schon wer einziehen, aber eigentlich geht das auch an jedem anderen Tag, aber mit Logik kommt man bei Ängsten eh nicht weit).
Wenn dann wer eingezogen ist, bin ich gespannt, ob die Ängste sich verändern, dann sollte ja das ... ach ne ... das "Was passiert als nächstes?" wird ja auch nicht weggehen (weiß ich im Endeffekt erst, sobald es dann mal [endlich\] passiert ist.Â
Grüße an alle und bleibt gesund
Eis
Vielleicht reise ich nicht in die Zeit kurz nach meinem Post zurück, sondern beschreibe das Jetzt, oder die letzten Monate (inkl. des Endes von 2019).
Nur zur Erklärung: Ich habe mich 2019 fast ausschließlich auf einen Klinikaufenthalt erlebt, dafür viel Kraft eingesetzt und auch gezeigt, dass ich mich durchaus noch auf etwas fokussieren kann, wenn es mir wichtig ist.Â
Man hat mich nach der Probezeit von 2 Wochen wieder nach Hause geschickt, und da war ich dann wieder in der Welt, in dem Umfeld, das ich woanders bereits beschrieben habe, aber auch das ist ja nicht statisch.
Dann saß ich hier Weihnachten und Silvester, auch wieder allein, von den Leuten in der Klinik hat sich dann auch irgendwann überhaupt nicht mehr gemeldet, nun, es ist halt so. Dann kam 2020, und irgendwann im März habe ich dann auch Corona ernstgenommen. Ich habe mich dann noch in einer Klinik hier um die Ecke vorgestellt, mittlerweile habe ich mich aber gegen diese Klinik entschieden.
Ich bin ja ehrlich zu mir, als das mit dem Klinik-"Rausschmiss" (der ja strenggenommen keiner war, sich aber so anfühlte) wirkt immer noch nah und hat auch in 2020 noch Bedeutung. Ich habe sogar dafür gekämpft, dass ich nicht gehen muss, aber meine Argumente reichten nicht. Ich war gerade angekommen und hatte auch begonnen mich den Leuten da zu öffnen, wenn ich unter Menschen bin, werde ich mit noch ganz anderen Ängsten und Beeinträchtigungen konfrontiert, als wenn ich zu Hause sitze und eher nur virtuelle Kontakte pflege. Kontakte dieser Art pflege ich mittlerweile intensiv und fast täglich, das war auch über längere Zeit nicht mehr so, ich bin froh, dass ich da Risiken eingegangen bin, es gab auch harte Konflikte, aber auch die haben strenggenommen Positives bewirkt.
In der Klinik fühlte ich mich von Anfang an wohl, also ich war auch angespannt, habe alles vollgeschwitzt und war nervös, usw, es war nicht leicht, aber ich habe mich da wie in einer Schutzzone gefühlt und so auch festgestellt, dass einige meiner Ängste nicht vollends verschwinden, wenn sich das Setting ändert, aber ich habe da z.B. ohne Kopfhörer/Ohropax geschlafen und nur leise Musik laufen lassen, das andeuernde Getriggere durch Geräusche, Stimmen aus meinem Umfeld oder knallenden Türen, Rumpeln und Rumsen von oben, das war da kaum bis gar nicht vorhanden. Auch Teile meiner Kontroll-Zwänge hatte ich wohl zu Hause gelassen.
Kaum war ich wieder zu Hause, das war wie gesagt kurz vor Weihnachten, hatte ich wieder mit dem Umfeld zu tun und ich hatte nicht wirklich was in der Klinik trainiert, weil da die ersten 2 Wochen eher ruhig angehen. Ich war da auch nicht primär wegen der Ängste, weil mein Psychiater die als Begleiterscheinung ansieht, oder als Teil des Gesamt-Pakets.
Im Endeffekt hat die Klinik dann seine Diagnose nicht bestätigt und man darf sich schon mal fragen, warum es so schwer ist, hier eine vernünftige Therapie für seine Angsterkrankung zu bekommen, selbst dann, wenn man sich den Hintern aufreißt und mehrmals mit dem Oberarzt telefoniert und für ein Vorgespräch, das knapp eine Std. dauert, über 9 Stunden (eine Fahrt) im Bus sitzt (worauf ich wiederum stolz bin, denn ich hätte nicht gedacht, dass ich das hinbekomme (man überrascht sich halt dann doch immer mal wieder selbst).
Wie gesagt, wieder zu Hause, aber mit der Erkenntnis, dass die Intensität meiner Ängste woanders nicht so derbe ist, oder ich mit anderen Ausprägungen der Angst konfrontiert werde. Ich kenne das ja von der Thera und vom Neurofeedback, dass das - mehr oder weniger - Safespaces sind, wo ich auch mal richtig durchatmen und mich entspannen kann (was beim Neurofeedback besser geht, da sitze ich vorher nämlich nicht im Wartezimmer).
Anfang 2020 war ich noch motiviert, es nochmals in einer Klinik zu versuchen, die Motivation sank dann aber auch schnell. Der Klinik war ich übrigens nicht depressiv genug, also zumindest wurde das so mit mir kommuniziert (ich dachte immer, das sei was Gutes).
Ich springe mal, März, war ich vom Corona-Verharmloser (aber nicht, weil ich Schwurbler bin), sondern weil ich es mit der Schweinegrippe und sowas verglichen habe, dann plötzlich zum Corona-Ernstnehmer geworden, es kamen dann auch die Maßnahmen und die spürbaren Veränderungen beim Einkaufen, usw.
Ich dachte am Anfang, dass sich meine Ängste nicht auf Corona einschießen, ich hatte glaube ich drei Momente, wo ich wegen Atemnnot und Schwindel (Schweißausbruch nachts) ,mal kurz Panik geschoben habe, aber im Endeffekt habe ich mich dann wieder geerdet und das mit dem Schweiß und dem Schwindel hängt wohl mit den Medis zusammen.
Anonsten kam ich in der Corona-Welt anfangs besser zurecht, als ich angenommen hätte. Irgendwann hat sich dann meine Sozialphobie auf die veränderte Reaktion reagiert, für mich ist es jetzt viel schwererer durch den Hausflur zu gehen, einzukaufen und in die Bahn steige ich auch nur, wenn sie nicht völlig überfüöllt ist und all das war auch schon vorher schlimm. Irgendwann, vor ein paar Monaten, ist der Typ über mir ausgezogen, sehr überraschend und in einer Hau-Ruck-Aktion, Wagen rollt an, alles fix rein, Wagen weg, er weg.
Ich hätte nicht gedacht, dass das in meinem Gehirn so ein Chaos auslöst, ich weiß auch nicht, wie das ohne Corona gewesen wäre (und werde es wohl auch nie erfahren).
Mein Katastrophen-Denken ist faktisch Amok gelaufen, "wer wird da einziehen?" und "Wann?" hat sich mit dem Katastrophendenken gepaart und ein Worst-Case-Szenario nach dem nächsten ausgelöst. Ich bin permanent im "Gleich zieht wer Neues ein, und es wird katastophal"-Modus, da hilft auch kein erden, ruhiges Atmen, oder andere Techniken, weil das ja null rational ist.
Ich kann mir nat. immer wieder sagen, dass real selbst dann keine Bedrohung bestehe, selbst, wenn es laut wird und eskaliert, aber zum Einen muss das gar nicht stimmen und ein Eingreifen, könnte dann auch mich in Gefahr bringen (falls ich überhaupt eingreifen würde). Ich versuche hier gerade zu beschreiben, wie penetrant dieses Katastrophendenken ist, und wie hartnäckig es täglich wirkt und mich blockiert, meinen Tagesablauf zum Teil beeinschränkt. So wurde ich vollkommen abhängig davon, was in meinem Umfeld passiert und selbst dann, wenn nichts Schlimmes passiert, dann nehme ich genau das halt im Kopf vorweg.
Das ist so anstrengend, wie es vielleicht klingt und es triggert mich. Ich habe immer häufiger Angst, aus dem Fenster zu gucken, denn es könnte ja wer einziehen. Es sind glaube ich mittlerweile vier oder fünf Umzüge in dieses Haus durchgeführt worden, aber keiner von denen zog in die Wohnung über mir.
Jeder dieser Umzüge hat mich getriggert, zudem triggert es mich allen, wenn ich Transporter hier parken sehe, weil das Hirn dann gleich wieder Szenarien erspinnt. Eine Zeit lang, das war ziemlich zwanghaft, bin ich immer auf den Balkon, wenn ich Autotüren gehört habe und nun habe ich (wieder?), den Zustand erreicht, dass ich dauerhaft Musik auf den Ohren habe, ich schaffe es nicht, das Draußen anders minimal auszuschließen (selbst die Methode ist nicht save, es gehen immer wieder Geräusche durch).
Wenn ich abends mit Leuten übers Internet chatte, habe ich immer noch Musik nebenbei auf den Ohren, ich ertrage die Stille immer schlechter, weil sie für mich keine Sicherheit bietet, ich kann mich nicht in sie hineinfallen lassen, das dürfte etwas sein, was andere hier auch kennen, ansonsten habe ich - auch in der Klinik - niemanden kennengelernt, wo viele Angst-Ãœbereinstimmungen waren, aber die waren ja auch nicht wegen der Ängste auf meiner Station.Â
Ist aber ein Generelles Phänomen, was wiederum sicher auch viele von Euch kennen: Man fühlt sich ab und an ziemlich allein mit dem, was einen täglich malträtiert, weil man niemanden findet, der das so richtig nachvollziehen kann, dann folgt meist Schweigen und dann habe ich dann auch keinen Bock mehr, mehr über mich zu erzählen (ist vielleicht ungerecht, aber ich nehme es den Menschen ja nicht übel, diese Ängste sind halt wirklich speziell.
Um mal zu beschreiben, wie sich die Ängste anfühlen, denn wir sind ja alle irgendwie wegen Ängsten hier: Man erscheckt sich, es geht durch Mark und Bein, wie in einem Horrorfilm, es geht sehr tief, ab und an holt es etwas hoch, und dieses entstehende Bedrohungsgefühl geht nicht weg. Dass die Bedrohung tatsächlich aus meinem eigenen Inneren stammt, hilft mir ja nichts, wenn sie sich wie von außen auf mich einwirkend anfühlt.
Die Bedrohung fühlt sich zudem so real an, als würde ein Tiger vor mir stehen, oder ein anderes Raubtier, was mich fixiert (obwohl ich denke, dass ich darauf anders reagieren würde, aber ich weiß es auch nicht). Viele kennen sicher den Zustand, dass die Angst lähmt, also sie lähmt mich mehr innerlich, ich stehe schon auf und bewege mich, wenn mich mal wieder etwas getriggert hat (und das passiert eigentlich täglich, ein Tag ohne Trigger ist sehr selten und dann ist dann ja wieder dieses "Was kommt als nächstes?"-Gefühl.
Ich habe mich von meiner Angst einsperren lassen, das wird mir immer bewusster, ich behaupte nicht, dass es keine Möglichkeit für mich gibt, um mich aus diesem Gefängnis zu befreien, aber ich habe gerade keine Strategie (deshalb sagte ich ja genau das den Profis, also denen, die vielleicht zumindest einen Anstoß liefern können), aber im Endeffekt hocke ich jetzt hier mit meiner Angst, die ich zwar überall mithin nehme, die da draußen aber ganz anders wütet, als hier drinnen.
Jetzt liegt wahrscheinlich nah, dass ich viel mehr Zeit draußen verbringen sollte, was im Sommer auch noch der Fall war, aber jetzt wird es kälter und ich bin eh so wetterfühlig, die Tage sind wieder kürzer und ich spanne mich zum Abend hin mehr an. Da ich im Herbst/Winter (im Moment lassen sie noch milde walten) auch nicht mehr so oft auf den Balkon begebe oder die Balkontür offen lasse, um zu lüften und vor allem Autogeräusche und Umfeldgeräusche reinzulassen, die mich nicht triggern, fühle ich mich halt vermehrt eingesperrt. Klar, ich kann jetzt "einfach" rausgehen und einen Spaziergang machen (tue ich auch, habe auch extra ne Fitness-App installiert), aber irgendwann bin ich dann doch wieder in meiner Wohnung (denn strenggenommen passt "Zuhause" gar nicht), wo die Angst ja fast auf mich wartet.
Und dieses Angst-vor-der-Angst-Haben ist halt so die "Königs-Klasse" von Worst-Case-Szenarien. Das kenne ich schon länger, ein fataler Kreislauf.
Sicher, ich beschäftige mich auch sehr viel mit dieser Angst, ich werde auch aus dem Inneren daran erinnert, wenn ich gerade mal kaum oder keine Angst habe, dass da ja noch was ist. Ich steuer das auch nicht, das passiert einfach. Ich kann sie oft nachträglich eindämmen, aber dieses diesen Horror-Film-ähnlichen-Anfangszustand, der wie gesagt wirklich tief geht und halt auch vorerst nicht weg geht und sich erst durch Fokussierung (sofern das geht) verringern kann, durch den "muss" ich meist leider erstmal durch.
Ich habe wirklich Angst vor dem Dezember, aber eine kleine Hoffnung habe ich dann doch noch, dass es nicht so übel wird, wie ich es immer wieder vorwegnahme (und auch das verändert sich). Es kann ja auch nicht so schlimm werden (aber ...).
Nun versuche ich Strategien zu finden, um durch dieses Winter zu kommen, ohne den Verstand komplett zu verlieren (eine tief verwurzelte Angst, die glaube ich Anfang der 90er das erste Mal bei mir auftauchte). Ich habe auch Angst, in die Psychose zu rutschen, weil das ganze System so dermaßen Dauerblastet ist und dafür, gebe ich ehrlich zu, bin ich ziemlich klar. ich trinke definitiv zu viel, was sicher bzgl. der Medis eine schlechte Idee ist, immerhin habe ich das aber mal als Sucht erkennt (macht es allerdings nicht besser). Der Alkohol verringert die Angstempfindungen nur minimal, aber man schläft schneller ein, und mein Schlaf ist ja eh nicht so entspannend, mit oder ohne Alkohol im Blut (Ängste und Zwänge machen auch vor den Träumen nicht halt).
ich glaube auch nicht, dass ich im Moment schaffe, aufzuhören, also komplett, ich trinke schon verschieden viel. Aber da bringt es nichts, sich irgendwas Schönzureden, es ist zu häufig und darum geht es. Ist jetzt auch nicht wirklich Corona geschuldet, aber ist vielleicht ein kleiner Katalysator gewesen.
So, ich brauche eine kleine oder längere Pause, mal schauen, was noch geht (immerhin ist heute der 01. des Monats, da kann dann schon wer einziehen, aber eigentlich geht das auch an jedem anderen Tag, aber mit Logik kommt man bei Ängsten eh nicht weit).
Wenn dann wer eingezogen ist, bin ich gespannt, ob die Ängste sich verändern, dann sollte ja das ... ach ne ... das "Was passiert als nächstes?" wird ja auch nicht weggehen (weiß ich im Endeffekt erst, sobald es dann mal [endlich\] passiert ist.Â
Grüße an alle und bleibt gesund
Eis