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Krankhafter Argwohn und Zukunftsangst (langer Text)
#1
Hallo,

als ich das Stichwort 'Panikattacken' in die Suchmaschine eingegeben hatte, bin ich auf dieses Selbsthilfe-Forum gestoßen. Zunächst war ich mir gar nicht so sicher, ob ich hier richtig bin, aber nachdem ich eine Weile hier mitgelesen habe, habe ich mich gerade angemeldet.

Ich gehe stramm auf die 50 zu, habe das Asperger-Syndrom (eine milde Form von Autismus) und bin deswegen frühzeitig in Rente. (Zuvor habe ich im künstlerischen Bereich gearbeitet.) Nun teile ich das Schicksal vieler Aspies der 50+-Generation, dass der Autismus viel zu spät erkannt wurde und psychische Folge-Erkrankungen aufgetreten sind. Auch die Ängste, die mich hierhergeführt haben, kommen nicht aus dem Nirgendwo, deshalb schicke ich meine Vorgeschichte voraus:

Meine angeborenen autistischen Züge sind bereits im Kleinkind-Alter bemerkt worden. Ich selber kenne es ja gar nicht anders, doch unter den negativen Reaktionen meiner Umgebung hat meine ganze Familie gelitten. Im Kindergarten und in der Grundschule hatte ich noch den Rückhalt meiner Geschwister, doch sobald ich das Gymnasium besuchte, ging die Tortur los. Kaum im zweistelligen Alter wurde ich in Maßnahmen gesteckt, die mich zu einem kontaktfreudigen geselligen Menschen umerziehen sollten. Eine Herausforderung ist jedoch etwas ganz anderes als eine dauerhafte Ãœberforderung. Nach einer Panik-Reaktion (ich habe Probleme mit Körperkontakt, wurde dort gegen meinen Willen umarmt und habe kräftig zugebissen) landete ich erstmals in der Kinder-Psychiatrie. Dies war der Beginn einer jahrzehnte-langen Serie von Verlegenheits-Diagnosen, Therapien und Maßnahmen, die entweder nur teilweise oder gar nicht geholfen haben oder sogar alles nur noch schlimmer gemacht haben. Meine Mutter wurde mit Vorwürfen überhäuft und hat selber psychisch gelitten. Während meinem Studium und im Berufsleben kam es zu Problemen wegen meiner fehlenden sozialen Kompetenzen, obwohl ich fachlich sehr gute Leistungen brachte. Meine psychischen Probleme - vor allem die Ängste und Panikattacken - steigerten sich. Es ist auch vorgekommen, dass man mich im Erwachsenenalter - wenn ich den Druck nicht mehr ausgehalten und dementsprechend reagiert hatte - gegen meinen Willen in die Geschlossene zwangseingewiesen hatte.

Von Natur aus habe ich kein großes Mitteilungs-Bedürfnis und ich fühle mich am wohlsten, wenn ich wirklich ALLEINE bin, denn ich finde meine Geborgenheit nicht in irgendeiner Gemeinschaft, sondern ausschließlich in meiner eigenen inneren Welt. Meine Zuflucht finde ich in den Schönen Künsten, denen ich mich aktiv und passiv widme. Ich habe auch nie verstanden, was daran so schlimm sein soll, wenn man introvertiert ist. Kommunikation und Emotionen sind definitiv nicht meine Stärke. Ich kann relativ gut schreiben, aber in spontanen Gesprächen und mit Emotionen bin ich meist total überfordert.

Mein eigenes Verhalten war auch nicht besonders klug: In der Psychiatrie oder in den Einrichtungen, in denen ich aufgrund von Panikreaktionen immer wieder gelandet bin, hatte ich nicht genügend Zeit und Raum für mich alleine. Ich durfte dort weder Malen noch musizieren (es kam zu Beschwerden). Den Therapeuten habe ich erzählt, was sie hören wollten, damit ich schnellstmöglich wieder nach Hause durfte. In der ambulanten Therapie habe ich mich nicht geöffnet, aus Angst vor einer erneuten Zwangs-Einweisung. Stattdessen griff ich auf Alkohol und Drogen - meine 'Painkiller' zurück. Und so geriet ich immer tiefer in dieser Abwärts-Spirale...

Es war schließlich meine Mutter - nicht die Ärzte -, die als Erste den Verdacht geschöpft hatte, dass ich autistisch sei. Sie hatte einen Fernsehfilm über einen autistischen Jungen gesehen und sich daraufhin Informationen gesucht. Ich habe sie zuerst ausgelacht und gar nicht ernst genommen, doch schlussendlich habe ich mich dazu überreden lassen, in ihrer Begleitung zum Arzt zu gehen und mir eine Ãœberweisung an die Spezialambulanz der hiesigen Universitätsklinik ausstellen zu lassen, um dort diesen Verdacht abklären zu lassen.

Nach zahlreichen Tests und Untersuchungen erhielt ich tatsächlich die fachärztliche Asperger-Diagnose. Es war ein AHA!-Erlebnis: einerseits erschütternd, weil ich mein Leben lang mit diesen Eigenarten zurechtkommen muss, andererseits eine Erleicherung, weil ich meine Macken jetzt endlich verstehe. Zum Zeitpunkt dieser Offenbarung war ich bereits in meinen Dreißigern. Es hat meine Probleme zwar nicht gelöst, aber geholfen, mich anzunehmen wie ich bin und meine Sucht hinter mir zu lassen. Fünf Jahre nach der Diagnose bin ich in Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gegangen - das ist mir zwar nicht leicht gefallen, doch die Rente ermöglicht es mir immerhin, meine Lebensgestaltung meiner Wahrnehmung anzupassen und wieder frei atmen zu können. (Für jüngere Generationen hat sich zum Glück in dieser Hinsicht in der Gesellschaft vieles zum Positiven verändert.)
Aber die Ängste und Panikattacken bin ich leider nicht mehr losgeworden, eher im Gegenteil:

Ich habe Angst, dass andere Macht über mich haben sowie vor dem Ausgeliefertsein und ich steigere mich ohne sichtbaren Grund in Zukunftsängste hinein. Dabei bin ich eigentlich ein bodenständiger und logisch denkener Mensch.

Im nächsten Abschnitt beschreibe ich diese Ängste. Bitte nur weiterlesen, wenn Ihr das ertragen könnt.

Dieser krankhafte Argwohn, den ich meinen Mitmenschen gegenüber empfinde, geht weit über meinen Autimus hinaus. Wenn jemand auf mich zukommt, bin ich gleich von vornherein mißtrauisch, ohne dass die Person mir irgendwas zuleide getan hätte. Ich fühle mich sofort bedroht, sobald mir jemand zu nahe kommt. Ich erwarte, dass diese Person mir in irgendeiner Weise schaden will. Banale Konflikte genügen, Personen komplett aus meinem Leben zu verbannen und ihre Namen nie wieder zu erwähnen. Ich lasse freiwillig keinerlei Kontakte mehr zu. Der Grund ist diese fürchterliche Angst, verraten zu werden oder dass es nochmal jemand schaffen könnte, mir seinen Willen aufzuzwingen. Diese Angst existiert nur in meinem Kopf.
Die Folge: Negative Erfahrungen häufen sich, so dass dieser krankhafte Argwohn noch bestätigt wird, doch nehme ich mir selber jede Chance auf positive Erfahrungen, indem ich mich so verhalte.

Ein andere Punkt, der fürchterliche Panikattacken bei mir auslöst, ist meine Zukunftsangst. Ich male mir die schrecklichsten Bilder aus, etwa, dass ich unverschuldet in der Gosse lande, ein Opfer von Gewalt werde oder selber zum Mörder werde. Oder ich sehe mich auf einem Krankenlager dahinsiechen, 24-Stunden-Betreuung und Körperkontakt ertragen zu müssen, hilflos dem Willen anderer ausgeliefert zu sein. Dabei bin ich in der Realität körperlich vollkommen gesund und habe seit Jahren keinen Tropfen Alkohol und keine Drogen mehr angerührt.

Vor wenigen Tagen ist ein wichtiger Brief von einer Behörde nicht bei mir angekommen, den ich jedoch für einen Antrag für eine behindertengerechte ambulante Hilfe unbedingt benötigt habe. Also wollte ich einen Nachforschungsantrag bei der Post stellen, doch hat man mich an den Absender verwiesen. Also habe ich diese Behörde angeschrieben und man hat mir schroff geantwortet, ich hätte selber dafür Sorge zu tragen, dass meine Post bei mir ankomme. Diese Weigerung der Behörde, mir das Schreiben nochmal zukommen zu lassen oder den Nachforschungsantrag zu stellen, hat genügt, eine schreckliche Panikattacke bei mir auszulösen, die zu Selbstverletzungen geführt hat. Zwei Tage später lag der erwartete Brief jedoch in meinem Briefkasten. Das Problem hatte sich also von selber erledigt.

Solche Situationen wirken bei mir noch lange nach, selbst wenn sie gut ausgegangen sind.

Und genau deswegen will ich jetzt versuchen, mich mit diesen Ängsten auseinanderzusetzen. Aber ich weiß noch nicht so recht, wie. Falls ich überhaupt je wieder in eine Therapie einwilligen würde, dann nur ambulant. Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, mich voll und ganz zu öffnen (mein Argwohn). Und Medikamente möchte ich aufgrund meiner Sucht nicht mehr einnehmen. Lieber möchte ich meine künstlerische Veranlagung nutzen, um mich selber zu therapieren, weiß jedoch nicht, ob das funktioniert.

Soviel für's Erste. Nun bin ich froh, dass es dieses Selbsthilfe-Forum gibt.

Kann man es tatsächlich ohne Medikamente und stationären Aufenthalt schaffen, mit solchen Ängsten fertig zu werden?

Hat jemand von Euch es versucht, seine Interessen als Ventil zu nutzen (z. B. Musik, Malerei, Sport etc.) und hat es geholfen? Es würde mich ganz besonders interessieren, ob das überhaupt sinnvoll ist und wie Ihr da vorgeht.
Welche Möglichkeiten gibt es sonst noch?

Einige Ratschläge und Hinweise habe ich hier schon in anderen Threads gefunden, bin jedoch noch nicht lange genug dabei, um alle durchzulesen. Damit werde ich jetzt nach und nach weitermachen und freue mich auf einen angenehmen Austausch mit Euch.
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#2
Hallo Kohlmeise,

herzlich willkommen bei uns im Forum.
Du hast ja schon einiges durch gemacht. ich würde es trotzdem noch mal mit einer Therapie versuchen, eventuell kann dir ja dann etwas geholfen werden. Vielleicht kannst du vor den Therapiesitzungen alles aufschreiben, was dich bedrückt und was vorgefallenen ist und der Therapeut liest sich das erst mal alles durch und er gibt dir dann hilfreiche Tipps. Schreiben tust du ja gerne. Menschen mit einer Sozialphobie geht es ja ähnlich wie dir.
Sicher ist es für dich auch hilfreich, dich künstlerisch zu betätigen.

Gruß
Karin
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#3
Vielen Dank, Karin.
Ja, Du hast Recht. Alleine finde ich da wohl nicht wieder raus.
Meine Ängste haben mit meinem Autismus nichts mehr zu tun. Aber um mich einem Therapeuten anvertrauen zu können, muss ich mich in JEDER Hinsicht verstanden fühlen, deshalb werde ich zunächst bei der Spezialambulanz um Rat fragen.
Das mit dem Aufschreiben ist ein wirklich guter Tipp.

Inzwischen hab ich mich hier weiter eingelesen und in den Beiträgen zum Stichtwort Zukunftsangst erkenne ich mich durchaus wieder.
Mein krankhafter Argwohn scheint mir jedoch keine Sozialphobie zu sein - falls ich überhaupt richtig verstehe, was ich bisher darüber gelesen habe.
Meine Auffassung:
Ein Mensch, der an einer Sozialphobie leidet, kann das Kaufhaus nicht betreten, obwohl er es gerne möchte, weil er eine lähmende Angst davor hat. Er möchte sich eine Ausstellung ansehen, aber er traut sich nicht, das Museum zu betreten und tut es deshalb nicht.
Habe ich das richtig verstanden?
Dies trifft auf mich gar nicht zu. Wenn in einem Kaufhaus etwas angeboten wird, das ich unbedingt haben möchte, dann kann mich nichts und niemand davon abhalten, es mir zu besorgen. Wenn irgendwo eine Ausstellung stattfindet, die mich interessiert, dann bin ich auf jeden Fall dort und kann mich dem Genuss der Artefakte dermaßen hingeben, dass ich die anwesenden Menschenmassen nicht einmal bewusst wahrnehme.
Wenn ein Therapeut während einer Verhaltenstherapie verlangen würde, dass ich mich auf eine Bühne stelle und nackt ausziehe, würde ich das ohne Probleme tun. Aber eine Umarmung würde ich niemals zulassen, weil ich noch nie im Leben Verlangen danach hatte, nicht einmal mit Menschen, die ich mag.
Wenn ich in einem überfüllten Bus sitze und die anderen Passagiere mich in Ruhe lassen, ist alles in Ordnung. Ich empfinde zwar Ekel, aber noch keine Angst. Fragt mich jemand nach der Uhrzeit, dann gebe ich eine höfliche Antwort und verschanze mich dann hinter einem Buch. Mein Argwohn setzt erst ein, wenn jemand mir eine persönliche Frage stellt. Dann reagiere ich nach außen zwar immer noch höflich, denke aber innerlich 'Was geht dich das an?' und in meinem Kopf entstehen die allerschlimmsten Paranoia über (unrealistische) böse Absichten dieser Person, so dass mich nicht mehr aufs Lesen konzentrieren kann oder sogar an der nächsten Haltestelle aussteigen muss.
Ein Mensch mit Sozialphobie traut sich wahrscheinlich nicht, rauszugehen, obwohl er es gerne möchte, weil er Angst davor hat und benötigt eine Verhaltenstherapie, die ihm hilft, dies zu ermöglichen.
Ich habe mich jedoch (vor meiner Asperger-Diagnose) durch falsche Therapien und Maßnahmen zwingen lassen, etwas zu tun, wozu ich gar kein inneres Bedürfnis hatte. Das lag jedoch hauptsächlich an mir selber. Es wäre anders gekommen, wenn ich mich hätte besser mitteilen können oder wenn der Autismus früher erkannt worden wäre.
Wenn ich wieder mal 'Gespenster sehe', dann sind das häufig Erinnerungen an frühere Szenen, die ich offenbar nicht richtig verarbeitet habe.
Wenn ich alleine bin, dann fühle ich mich großartig. Es fühlt sich mehr wie eine ständige Bedrohung an als wie ein Mangel an Selbstwertgefühl. Mit emotionaler Nähe und großem Unterhaltungswert kann ich meinen Mitmenschen nunmal nicht dienen, aber ich habe durchaus andere positive Eigenschaften, um meinen Beitrag in der Gesellschaft leisten zu können.
Trotzdem fühle ich mich dauernd, als wäre ich im Stand der Anklage. Als wolle man mich bestrafen für das, was ich bin und wie ich bin. Oder ein Produkt aus mir machen, das ich nicht bin und habe Angst, dass ich mich nicht dagegen wehren kann. Ein vernünftiges Gespräch könnte so manches Mißverständnis verhindern, doch kann ich mich nicht überwinden, irgendjemandem mitzuteilen, dass ich ein Aspie bin. Ich habe Angst, damit eine Angriffsfläche anzubieten.
Wenn ein wichtiges Schreiben mal ungewöhnlich lange unterwegs ist, fühle ich mich gleich, als würde man mich zum Schaffott führen. Ein banaler Konflikt genügt, um Freunde komplett aus meinem Leben zu verbannen.
Kennt Ihr das?
Im Forum habe ich bisher noch nichts darüber gefunden.
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#4
Hallo Kohlmeise,

das ist eine gute Idee mit der Ambulanz. Die können dir sicher weiter helfen.
Es gibt mit Sicherheit verschiedene Arten von Sozialphobie, die auch die Angst vor dem Kontakt mit Menschen betrifft, auch das misstrauen gehört da dazu.
Bei mir kann das allerdings auch ganz schnell gehen, wenn mal eine extreme Situation auftritt, dass ich mich von der bestimmten Person fern halte.
Vielleicht solltest du bestimmten Personen doch mitteilen, was mit dir "los" ist, das versteht man inzwischen seit der Klimaaktivistin Greta sicher jetzt noch etwas besser.

Gruß
Karin
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#5
Hallo Karin,
Du hast mir sehr geholfen. Vielen Dank!
Eigentlich logisch, dass sich eine Sozialphobie bei jedem Betroffenen anders äußert und krankhaftes Mißtrauen ist ja auch Angst vor Menschen bis hin zur Panik.
In meinem Arztbrief steht die Soziale Phobie tatsächlich als Komorbidität (nicht als Differenzialdiagnose) zur Autismus-Spektrums-Störung. Doch ich hatte das bezweifelt, weil ich Situationen nicht meide. Also habe ich es falsch verstanden. Durch den ewigen Selbstverteidigungs-Modus, in dem ich mich bewege, ist meine Lebensfreude trotzdem sehr eingeschränkt. Sich nicht outen zu können, obwohl es angebracht wäre, ist auch ein Vermeiden aus Angst.
Ich habe nun mit der Ambulanz einen Beratungs-Termin vereinbart und nutze die Wartezeit, um Deinen Rat zu befolgen und alles aufzuschreiben. Ich fürchte, es wird nicht einfach werden, dann einen Therapeuten zu finden, der sich mit AS und Phobie gleichermaßen auskennt, denn eine Verhaltenstherapie kann mir nur helfen, wenn der autistische Hintergrund berücksichtigt wird.
(Ja, diese Greta traut sich was, in jeder Hinsicht. Wer dermaßen beeindrucken und Veränderungen herbeiführen kann, schafft sich auch Feinde.)
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#6
Hallo Kohlmeise,

aber man schafft sich auch Freunde.
Gut, dass du einen Beratungstermin vereinbart hast und dir alles aufschreibst.
Ganz sicher muss der Autismus bei einer Verhaltenstherapie berücksichtigt werden, sonst wird das etwas schwierig mit der Therapie. Manches wirst du sicher nie ablegen, aber einiges wird sich mit Sicherheit verbessern bzw. vereinfachen.
Ich wünsche dir ganz viel Erfolg dabei.

Gruß
Karin
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#7
Für mich stellt sich die Frage: Warum suchst du nach Veränderung?

Du bist glücklich, wenn du bei dir sein kannst, mit dir alleine bist. Unglücklich, gestresst, panisch wirst du dann, wenn andere Menschen dir zu nahe kommen wollen. Es erscheint mir widersinnig, nach Wegen zu suchen, das zu verändern, wenn es - so scheint es - keine wirkliche Notwendigkeit dafür gibt.

Wenn du dein Leben weitestgehend ohne andere Menschen, bzw. ohne die allzu große Nähe zu diesen, leben kannst, warum tust du das dann nicht einfach?

Ich hoffe, nicht missverstanden zu werden. Natürlich ist hier weder irgendwas "einfach" noch will ich in Abrede stellen, dass eine Therapie Veränderung bringen könnte.

Könnte es sein - und auch das ist nur eine Idee, ein Denkanstoß - dass die eigentliche Problematik darin liegt, dass du dich nach wie vor nicht "richtig" fühlst? Dass der allseits gepflegte Anspruch, Menschen seien soziale Wesen, die gefälligst vertrauensvoll und positiv miteinander umzugehen haben, in dir den Druck auslöst, trotz deiner Asperger-Thematik und deiner anderen Vorstellung von einem glücklichen Leben zu einem solche sozialgefälligem Wesen werden zu müssen?

Unsere Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahren zumindest in den Fragen der sexuellen Orientierung in Richtung Öffnung und Akzeptanz bewegt. In Bezug auf psychische Besonderheiten - und ich verwende hier bewusst nicht den Begriff "Krankheit" - ist die Wahrnehmung aber noch eine ganz andere.

Du bist nicht gefährlich für andere. Und wenn ich richtig verstehe, was ich gelesen habe, wirst du nur dann gefährlich für dich selbst (Selbstverletzung), wenn du dich darum bemühst, auszuhalten, was andere von dir fordern.

Natürlich funktioniert ein Leben so ganz ohne Auseinandersetzung mit Mitmenschen nicht ganz. Vielleicht könnte es aber einen Unterschied machen, ob man sich guten Gewissens auf rein funktionale Kontakte beschränken kann? Dazu muss man nicht vertrauen, niemanden mögen, sich niemandem öffnen.

Anders sieht es aber natürlich aus, wenn dein Leidensdruck für dich auch dann nicht zu lindern wäre, wenn du dein Leben nach deinen Maßstäben gestalten könntest. Und selbstverständlich wäre der Weg zu einem Therapeuten dann eine überlegenswerte und vermutlich auch notwendige Option.
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