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Angst vor der Angst
#1
Hallo zusammen,

vorweg gesagt, für mich ist so ein Forum Neuland. Dennoch hoffe ich hier auf Hilfe, die ich im Moment nirgends bekommen kann, da der Kopf noch nicht unterm Arm hängt.
Diagnosen wie folgt: schw. Depression, Angst / Panikstörung, Burnout-Syndrom, PTBS seit 2013 in Behandlung.
Die Angst, so meine Wahrnehmung, hatte ich seit 2017 "besiegt". Die Symptome waren ca. 3 Jahre lang nicht da. Zuletzt durch Seroquel starke Panikattacken bekommen
und nach deren Absetzen war endlich Ruhe.

Nun kommt dieses verrückte Jahr 2020 mit 7 Krankenhausaufenthalten in 5 verschiedenen Krankenhäusern.

Burnout - 6 Wochen Klinik, 3 versch. Medis ausprobiert inkl. urologische OP unabhängig von der psych. Diagnose.
Danach ambulant auf Sertralin eingestellt - urologische Problematik wieder da. Also Vorbereitung auf OP und einen Monat zuvor wurde der Blasenkatheder durch den Bauch gelegt.
Es folgte eine schwere bakterielle Infektion und 1 Woche Breitbandantibiotika mit dem Resultat, dass das Sertralin eine Blasenspastik ausgelöst hat. OP-Planung also umsonst. Naja zum
Glück, wie auch immer. Es folgte nichts mehr an Medis, weil sich die Psychiaterin nicht mehr getraut hatte etwas zu verschreiben.

Anfang November folgte dann doch wieder etwas: Valdoxan. Am Ende mit dem Resultat erneuter schwerer Nebenwirkungen.

Eine Nebenwirkung davon ist, dass die Angst und Unruhe wieder da ist. Zumeist in Ruhelage. Vermehrt Angst vor der Angst. Derzeit brauche ich absolute Ruhe und kann wenig an Eindrücken verarbeiten, da es mich sofort überfordert. Baldriantropfen, Atosil und nur zur Not Tavor sollen mir helfen.

Meine Fragen an euch sind:
- Wie gehe ich mit einer generalisierten Angststörung um?
- Hat jemand Erfahrungen gemacht mit derart schweren Nebenwirkungen bei Psychopharmaka und das in der Häufigkeit?
- Ist die Angst quasi nur vorübergehend, da Valdoxan so schnell abgesetzt werden musste?

Meine derzeitigen Strategien:
- viel Bewegung in Wiesen und Wäldern (Wetter egal)
- natürliche Präparate nach Möglichkeit.
- autogenes Training
- Ergotherapie

Bin für jede Hilfe sehr dankbar. Smile

Gruß, Benedikt
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#2
Hallo Benedikt, Erstmal gesundes neues Jahr ! Du hast ja allerhand auf der Palette.
Dass die Psychopharmaka auf das Urogentialsystem Wirkungen haben ist nicht verwunderlich. Das liegt überwiegend an anticholinergen Rezeptoren in der Blasengegend. Anticholinergika werden zB auch nervöser Blase oder Stressharnsyndrom verabreicht. Leider sind die meisten SSRI bis heute "dirty", d.h. die Wirkung ist nicht rein auf die Serotoninreuptakeinhibition beschränkt. Da sind oft anticholinerge Wirkungen mit dabei, siehe Paroxetin, was man aber wiederum gerne in Kauf nimmt, weil das auch sediert etc. pp und schon siehst Du wie peripherers autonomes Nervensystem mit dem zentralen NS zusammenhaengt....
Valdoxan und Neuroleptika sind dort weniger wirksam weil anderes Prinzip, aber ausschliessen wird man das nicht koennen.

Auch Valdoxan kann Absetzerscheinungen machen, je nachdem, wie lange Du das genommen hast. Allerdings sind de wohl eher mild bis mittelschwer, weil auch die Wirkung des Präparates bescheiden ist.
Generalisierte Angststörung: Mein Favorit ist Psychotherapie, ambulant. Langfristig. Es wird aber sehr muehsam, weil generalisiert. Aber ich bin der Auffassung , dass man den meisten Leuten lieber 1000 Euro geben sollte, statt sie stationär in die Klinik zu schicken. Das kommt n.m. Auffassung nur fuer ganz bestimmte Indikationen und Situationen in Frage (wie zb PTBS). Obacht: nicht bei allen, und das ist meine persönliche Meinung, kein Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Kann man sehr wohl ganz anders sehen.
Das alles gilt aber nur fuer die Angstneurose.
Bei Vorliegen einer manifesten endogenen Depression ist die Sachlage anders. Das gehört in die Hände eines Psychiaters, mindestens bei major Depression, und die gehört auch medikamentös therapiert. Wenn das mit Pillen nicht geht, dann kommen da andere Verfahren in Betracht, die man mit dem Psychiater besprechen muss.
Angst und Depression gehen oft miteinander, oder folgen einander. Führt die Angststörung, dann ist die Depression meist milde. In dem Fall sind die Ergebnisse mit SSRI nicht besser wie mit Plazebo, was wieder die Psychotherapie ins Spiel bringt.

Für meinen Geschmack fehlt bei Deiner Liste die ambulante Psychotherapie. Ist die Indikation für all die Medikamente so absolut?
Empfehlung: Deine derzeitigen Strategien sind top. Ferner: Du beschäftigst Dich seit 2013 mit der Malaise. Vermutlich ist längst klar, dass da kein "weisser Ritter" um die Ecke kommt, der die Sache regelt. Und diese Erkenntnis gilt es auszubauen: Stichwort radikalle Akzeptanz. Lenk Dich ab, mach was Sinnvolles. Teile Dein Wissen mit anderen. Auch psychischen Erkrankungen haben einen natürlichen Verlauf. Kann auch ganz ohne Intervention besser werden. Wenn es nicht anders geht, diskutiere mit der Psychiaterin andere Optionen oder zweite Meinung.
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#3
Hallo lieber Bendikt,
du hast dich gut aufgestellt. Ich weiß nicht, ob du neben dem Autogenen Training auch Atemtechniken wie die Bauchatmung kennst. Die nutze ich erfolgreich. Generell gesagt: wenn du deine Atmung immer wieder bewusst verlangsamst, vertiefst und außer in die obere Lunge (Oberkörper) auch weitend und beruhigend in den Buchraum fließen lässt, wird dein gesamtes „System“ ganz automatisch ruhiger. Du wirst damit generell wieder ruhiger. Da du eine posttraumatische Belastungsstörung ansprichst, scheinst du ein besonderes auslösendes Thema/Ereignis erlebt zu haben. Aber ich wage mal die Aussage, dass alles auch ganzheitlich gesehen und erfolgreich behandelt werden kann. Du scheinst deinen Weg ohne bzw. mit sanften Medikamenten zu suchen. Die starken Medikamente scheinen dir auch geschadet zu haben (?). Tut mir leid, dass du diese OPs über dich ergehen lassen musstest. Also mein Tipp wäre, egal, welche Diagnose du „hast“, dich mit großer Geduld und Beharrlichkeit um eine ruhige und viel tiefere Atmung zu kümmern. Täglich, immer. Sobald du ruhiger wirst, fallen viele andere Probleme und Gedanken „an ihren Ort“, alles wird klarer, heller und leichter.
Ein gutes neues Jahr! :-)
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#4
Hallo Gopi, Hallo DoubleYou,

danke für die Antworten und die ersten Hilfestellungen.

Medis werden wohl kaum noch funktionieren aufgrund der schweren und teils schädlichen Nebenwirkungen. Wobei ich nichts recherieren konnte warum man in der Hinsicht so "anfällig" sein kann.
Den Tipp mit der Atmung werde ich versuchen umzusetzen. Der Begriff der radikalen Akzeptanz war mir neu. Wenn es dazu noch Literatur gibt wäre das super.
Lenke mich derzeit schon mit der ersten Gartenarbeit ab und zum Glück habe ich heute den Tag über Ruhe. Nur bis 2 Uhr nachts wieder Unruhe und Schlaflosigkeit. Wohl noch Nebenwirkung vom Absetzen des Valdoxans.

Welche anderen Verfahren sind das eigentlich, die in Betracht kommen, wenn Medis nicht mehr weiterhelfen?

Herzlichen Dank und startet auch ihr gut ins neue Jahr Smile Benedikt
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#5
Vielleicht wäre das Büchlein „Jetzt“ von Eckhart Tolle eine erhellende Lektüre für dich. Es überfordert nicht.
Es geht um, ja was eigentlich - inneren Frieden. Etwas, das uns zunehmend abhanden kommt in der digitalen Informations-, Leistungs- und Stressgesellschaft.
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#6
Hallo, also bei mir hat citalopram geholfen. Außerdem habe ich angefangen über einige Dinge nicht mehr so oft nachzudenken und dauernd zu grübeln. Und Ablenkung war auch wichtig in der akuten Phase
LG Nicole
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#7
Ablenkung und die Atmung waren bisher gute Ratschläge. Inzwischen ist die Angst wieder einigermaßen unter Kontrolle. Dafür ist die Erschöpfung wieder so heftig, aber damit kann ich leben.

Auch ist mir Eckhart Tolle seit einiger Zeit ein Begriff. Nur lesen und all das Begreifen ist wegen der fehlenden Konzentration nicht einfach. Kleine Videos widerum gehen.
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