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Die Pandemie macht mich fertig
#1
Hallo Zusammen,

im August dieses Jahres habe ich nach wochenlangem Sorgen und Angst bzgl. der Pandemie eine fette Panikattacke bekommen. 
Darauf folgten noch einige Panikattacken.

Hatte davor noch nie Probleme mit Panikattacken oder Ängsten. Die Pandemie hat mir unterbewusst einfach eine miese Angst eingejagt.
Der Urlaub wurde zum Horror, ich flog frühzeitig zurück.

Daheim angekommen habe ich natürlich alles Mögliche untersuchen lassen, ich bin körperlich (Gottsei Dank) gesund!
Heraus kam das ich eine Angststörung hatte. Ich habe daraufhin zügig mit einer Therapie begonnen. Noch weiß ich nicht ob diese mir hilft. aber ich werde das auf jeden Fall weitermachen.

Durch eigenes recherchieren fand ich heraus das ich in eine Derealisation geraten war.
In dieser bin ich heute immer noch, ca. 4 Monate später. Mittlerweile weiß ich das es ein Symptom der Angst ist, die mich begleitet. Zu Beginn stand ich ständig unter Strom und habe meinen Körper kontrolliert, weil ich das Ganze nicht einordnen konnte. Mittlerweile mache ich das nicht mehr, auch die innerliche Unruhe hat nachgelassen. 

Der Psychiater hat mir Venlafaxin und Opipramol verschrieben. Das Venlafaxin möchte ich nicht nehmen, diese ganzen Nebenwirkungen haben mich abgeschreckt. Ich weiß, das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Ich habe ich gefragt ob ich einfach Opipramol nehmen könnte abends. Er meinte das es einen Versuch wert sei.

Eigentlich möchte ich das Ganze ohne Medikamente überstehen. Aber ich sehe derzeit kein "Ende in Sicht", auch nicht für meine Angst. Klar, ich kann alles mögliche tun um meine Angst zu überwinden.. trotzdem wird es derzeit glaube ich "nicht viel besser". Die Gedanken drehen sich immer darum wiel ange das Ganze wohl noch dauert und ob etwas schlimmes passieren wird. Klassische Gedanken der Angst eben. Ah, ich lebe mit meiner Oma zusammen was mir glaube ich auch vieles an Angst eingebracht hat. 

Wie seht ihr das?

Liebe Grüße, 
Lisa
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#2
Hallo Lioola,
Tja, die Frage nach den Medikamenten kommt immer wieder. Die helfen vielen Leute. Die Psychiater verschreiben sie häufiger, die Psychologen propagieren Psychotherapie (KVT). Daten gibt es für Beides, dabei schneidet Psychotherapie ein bisschen besser ab.
Du hast in der kurzen Zeit seir August schon echt viel gelernt. So hast Du richtig erkannt , dass Du steckst in einem Kreislauf drin bist, won sich die Gedanken drehen. Du kommst an der Stelle mit Grübeln und rationaler Herangehensweise nicht weiter.

Bzgl Medikation sind allgemeine Erwägungen natürlich die potentiellen Nebenwirkungen, wobei Venlafaxin an sich eigentlich gut verträglich und in der Indikation an sich Mittel der Wahl ist. Opipramol ist wohl aufgrund der sedierenden Wirkung gefragt. Die zugrundelegenden Probleme löst die Medikation nicht. D.h. wenn Du das absetzt, dann kann es sein, dass die Neurose wieder kommt. Kann aber auch sein, dass Du dann besser dran ist, wenn gleichzeitig die Psychotherapie weitergeht oder der natürliche Krankheitsverlauf besser wird.

Es gibt Leute, bei denen die Angstneurose reaktiv oder vorrübergehend auffritt und dann in der Ausprägung mild ist. Dann nimmt die Angst nur mal eine Zeit im Leben der Leute überhand. Genauso leiden viele, viele Leute in ihrem Leben mal an einer depressiven Episode. Solche Störungen weichen wieder, brauchen selten langfristige Therapie. Ein Psychotherapeut/Psychiater wird das in etwas einordnen können.
Liegt eine echte Neurose vor, dann wird es komplexer. Dann ist es schwieriger, aus dem Kreislauf auzusteigen. Das gelingt theoretisch dann, wenn man die Ängste benennt, die Situation annimmt und radikal akzeptiert, egal, wie schlecht sie ist. Ich weiss, wie das klingt und wie es auf die Leute wirkt, wenn man das schreibt oder sagt. Manche fühlen sich verhöhnt, weil sie glauben , dass das gar nicht geht, oder es kommt Verzweiflung auf, weil man fürchtet, nie mehr "Lebensqualität" zu haben. Es kommt vor, dass man tatsächlich akzeptieren soll, dass man fortan mit diesem Problem leben muss und dass nichts mehr so ist, wie es war.
Warum auch nicht. Es gibt ja kein Recht auf Lebensqualität oder Lebensglück mit Beschwerdefreiheit. Nur, weil die Angst keine "körperliche" Schwäche ist, heisst das nicht, dass das was anderes als eine chronische Krankheit ist, genauso wie Rheuma oder Diabetes.
Der Schlüssel ist, dass man diese Akzeptanz lernt. Das Ertragen schwieriger Situationen haben viele Angstpatienten typischerweise nicht in der Kindheit gelernt. Dann braucht es teilweise eine "Nachreifung". Oder Leute haben Angst in der Kindheit erlernt ohne Unterstützung durch Bezugspersonen und haben dieses Gefühl in völlig unverhältnismäßige Situationen im Erwachsenendasein übertragen etc.
Egal was, die Fehlentwicklungen sollen dann in Psychotherapie erkannt und erarbeitet werden, als Grundlage dafür, aus dem Kreislauf auzusteigen.

Du must die Situation akzeptieren, wie sie jetzt ist. Du hast ohnehin keine Option, Du steckst ja mittendrin. Hilfe kommt permanent nur aus dem Inneren. Das kann sehr lange dauern. Ich hänge da schon Jahre drin. Viele andere auch. Mal besser , mal schlechter. Egal. Du kannst das mit Pillen behanden, warum nicht. Das ist keine bedeutende Entscheidung. Radikale Akzeptanz ist der Schlüssel. Der Tot muss eine Ursache haben ! Diese ganze Theorie und Praxis ist nichts anderes als die Vorbereitung auf den eigenen Tot.










Am Ende des Tages kann Dir keiner die Entscheidung abnehmen.
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#3
Addendum:
Es gibt tatsächlich Situationen der Angstneurose, wo eine medikamentöse Intervention notwendig ist, und zwar dann, wenn in einer Gesprächstherapie solche Strategien oder Gedanken, wie ich Sie oben ausgeführt habe, gar nicht aufgenommen oder besprochen werden können. Dann empfehlen die Psychotherapeuten das selber. Die Vorbedingung einer Gesprächsttherapie ist ja, dass man mit einem Gegenüber über seine Probleme reden kann. Geht ndas nicht, ist eine intervention oder eine stationäre Massnahme sinnvoll.
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#4
Hallo Gopi,

danke für deine ausführliche Antwort. Mittlerweile hab ich mehr über das Thema nachgedacht, und ich glaube ich bin zu naiv durch diese Welt gegangen. Ich möchte mich mehr mit dem Thema Tod beschäftigen, denn ich denke das diese Situation noch öfter auftauchen wird in meinem Leben. D

Das wäre ziemlich schlimm, wenn es mich dann immer wieder in so eine Bahn werfen würde. Klar, vorhersehen kann man das nicht.. aber man kann daran arbeiten. Andere arbeiten dafür als Arzt - wie du - oder im Krankenhaus. Leider tue ich das nicht, weswegen ich mich so nicht damit beschäftigen kann. Das hat auf jeden Fall was mit Akzeptanz zu tun. Ich muss nun herausfinden wie ich diese schulen kann.

Die Gesprächstherapie kann ich gut annehmen, ich kann auch gut über meine Ängste sprechen. Also bräuchte ich diesbezgl. keine Medikamente.
Das mit der Akzeptanz - da stimme ich dir voll und ganz zu. Leider ist das einfacher gesagt als getan. Ich denke es wird Zeit brauchen..
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#5
Hm, vielleicht bin ich auch ein wenig melodramatisch und übertreibe masslos?
Mir gefällt das mit der Naivität sehr gut. Das war bei mir wohl auch so. Mir wurde vel abgenommen, und ich dachte, es muss alles immer glatt laufen. Ich habe wenig Steine im Weg gehabt als Kind und ging fortan recht naiv durch die Lande. Glaubt man der Theorie, dann ginge es mir besser, wenn das etwas anders gewesen wäre.
Hab ich geschrieben, dass ich Arzt bin? Ich klinge vielleicht zu belehrend? Am Ende stecke ich auch in dieser Misere, halt nur länger, dann kriegt man Routine und es "wirft einen nicht mehr immer so heftig aus der Bahn". Wird also besser, mit der Zeit ;-)
Frohe Weihnachten !
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#6
Hi,

nein hast du nicht, ich habe das in deinem Vorstellungsbeitrag gesehen Wink Aber ist auch ein doofes Klischee zu denken das es Menschen in der Gesundheitssektor besser mit sowas gehen kann. Wir sind ja alle Menschen. Aber du klingst gar nicht belehrend. Ich finde es super das du mir eine so ausführliche Antwort gegeben hast!

Frohe Weihnachten dir auch!
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