Meine Geschichte in Kurzfassung (Achtung, trotzdem lang) - Druckversion +- Forum angst-und-panik.de (https://www.forum.angst-und-panik.de) +-- Forum: Alles zum Thema Angst & Panik (https://www.forum.angst-und-panik.de/forumdisplay.php?fid=3) +--- Forum: Erfahrungsaustausch (https://www.forum.angst-und-panik.de/forumdisplay.php?fid=4) +--- Thema: Meine Geschichte in Kurzfassung (Achtung, trotzdem lang) (/showthread.php?tid=9416) |
Meine Geschichte in Kurzfassung (Achtung, trotzdem lang) - Pampelmuhse - 25.05.2021 Wo fange ich an.. Um alles zu erfassen muss ich denke ich etwas weiter ausholen. Kurz vorab: ich habe seit meinem 11. Lebensjahr - ich bin jetzt 27 - unerklärliche Darmprobleme. Wurde gespiegelt und gecheckt, geschallt und sogar aufgemacht. Nichts. Diese Situation belastet mich ungemein, weswegen die Attacken mMn sogar angefangen haben werden. Meine erste richtige Panikattacke hatte ich in etwa vor 10 Jahren zum Ende der Sommerzeit. Ich saß in der Schule und hatte plötzlich massive Schwindelanfälle, mein Puls ist bis ins unendliche gestiegen und ich dachte ich müsste sterben. Nicht wissend was genau mit mir los ist, ging danach ein Ärztemarathon los. Ohne befund. Kreislauf gut und stabil, im Kopf ist organisch auch alles hübsch und ansonsten waren auch keine erkennbaren Ursachen für meine Sorgen ersichtlich. Ich habe es jahrelang einfach so hingenommen, frei nach dem Motto "so bin ich eben, das gehört zu mir". Phasenweise wurden die Attacken weniger und dann immer häufiger, extremer und unangenehmer. Irgendwann hat sich die Angst vor der Angst eingeschlichen. Ich habe unbewusst angefangen gewissen Situationen zu meiden und mich stark zurückgezogen. Bin kaum noch ausgegangen, habe jegliche Situationen gemieden in der ich keine Toilette in der Nähe hatte (deswegen meine obige, kurze Einleitung). Ich kann keine Autobahn fahren, weil ich jedes Mal eine Attacke kriege wenn ich nur daran denke und und und. 2012 habe ich dann meinen jetzigen Ehemann kennengelernt, danach ging es mir schlagartig besser. Ich bin zu Hause ausgezogen und war eine lange zeit lang wirklich Symptomfrei! Bis meine oben genannte Problematik wieder schlimmer wurde und die Anfälle wiederkamen. Jede kleinste Empfindung in meinem Bauchraum lässt meinen Puls in die Höhe rasen. Die Wade zwickt? "Ach du scheiße, ich hab eine Thrombose!", der Arm ist eingeschlafen und kribbelt "ich habe einen Herzinfarkt!"... Ich könnte die Liste ewig fortführen, aber ich vermute ich wisst ganz genau was ich meine. Ich gebe mir und meinem Körper keine einzige Sekunde Ruhe, weil ich immer in Alarmbereitschaft stehe. 2019 habe ich dann endlich meine erste Psychotherapie angefangen. Leider auch nur angefangen, da ich mit der Dame leider so gar nicht zurecht kam. Ich fühlte mich wenig verstanden und hatte den Eindruck meine Ängste und Sorgen würden sie schlichtweg nicht interessieren. Nachdem ich irgendwann begonnen habe meine Gespräche schriftlich vorzubereiten, um ihr alles vorzulesen (ich neige zu akuter Vergesslichkeit in unangenehmen Situationen) und ein für mich extrem heikles Thema angesprochen habe, hatte ich für eine Millisekunde den Eindruck dass sie sich über mich lustig macht und bin ab da an nicht mehr hingegangen. Ich denke das war das Dümmste was ich jemals getan habe. Danach wurde es nämlich so richtig mies. Corona kam und hat mich völlig ausgenockt. Ich war jetzt beinahe ein komplettes Jahr im Homeoffice. Schon vorher massivst unglücklich mit meiner Situation, bin ich in ein meilentiefes Loch gefallen. Habe mich komplett zu Hause verkrochen und isoliert. Hätte ich mein Pferd nicht, wäre ich vermutlich gar nicht mehr vor die Türe gegangen. Mein einziger Sozialkontakt mein Mann. Mein wundervoller Ehemann.. Ohne ihn wäre ich nichts. Wir versuchen nun seit beinahe einem Jahr Nachwuchs zu bekommen, ohne Erfolg. Das belastet mich auch ungemein.. Vergangenen August habe ich mich also dazu entschlossen zu Kündigen und einen kompletten Neustart zu wagen. War dann mehrere Monate freigestellt und habe im Januar eine neue Anstellung begonnen. Grundsätzlich bin ich wahnsinnig glücklich und froh diesen Schritt gegangen zu sein. Aber seit dem ich mich meinen Attacken wieder stellen muss, werden sie immer schlimmer. Meine Chefin braucht nur das Wort "Teammeeting" in den Mund zu nehmen und schon sitze ich auf meinem Stuhl, der Puls geht in die Höhe, es folgen Schwindel und Luftnot. Ich schwitze. Wirklich. Wie ein Tier. Mein Gesicht läuft feuerrot an und gefühlt starrt mich jeder an. Und das einzige was mir in dieser Situation wirklich hilft ist mir weh zu tun. Ich kralle meine Finger so tief es geht in die Schulter oder die Innenseite meines Oberarms, die andere greift in eine Bauchrolle und drückt zu. Ich habe dadurch regelmäßig blaue Flecken und offene Stellen durch meine Nägel. Atemübungen helfen mir nicht, dadurch steigere ich mich nur noch mehr in meine nicht korrekt funktionierende Atmung hinein. Den Schwindel kriege ich null in den Griff. Ich habe dann das Gefühl vom Stuhl zu fallen, eine helle Umgebung macht mich noch bekloppter... Ich weiß nicht mehr weiter, Therapieplätze sind rar geworden und kaum noch zu bekommen. Diese Attacken kommen immer aus dem Nichts und zu 80% komplett unerwartet. Beim einkaufen, am Esstisch, unter der Dusche, Abends vorm Fernseher, im Auto, bei Freunden... Situationen in denen ich bereits eine Attacke hatte sind kaum noch zu bewältigen. Diese Erinnerung sitzt so fest dass ich immer wieder eine Bekomme sobald sich eine der Situation wiederholt... Vielleicht gibt es hier gleichgesinnte. Ich lese mich gleich auf jeden Fall noch mal in die ganzen Tipps und Tricks ein, in der Hoffnung auf Neues zu stoßen. Und danke an jeden der sch den ganzen Bumms bis hier unten durchgelesen hat haha RE: Meine Geschichte in Kurzfassung (Achtung, trotzdem lang) - Gopi - 26.05.2021 Hallo, willkommen in dem Forum und im Club. Was Du beschreibst, klingt schon ziemlich nach einer Angststörung im engeren Sinne. Ich kann keine anderen Komponenten rauslesen, aber schlussendlich ist dazu ein psychiatrische Exploration notwendig. Angststörungen sind keine Bagatelle sondern Erkrankungen aus dem Neurosenkreis. Du hast das ja schon eine geraume Zeit. Alles, was Du beschreibst, ist nicht untypisch. Das werden hier viele erkennen. Du beschreibst sowohl den wellenhaften Verlauf über die Jahre wie eine Serie von üblichen Kompensationsmechanismen, die man so bemüht, um der Sache Herr zu werden. Die Verletzungen sind da schon eine härtere Kategorie. Prinzipiell solltest Du wissen, dass der das Unterbewusstsein hier die Hauptrolle spielt und Erklärungsversuche, warum das gerade jetzt sehr schlimm ist oder nicht, nicht viel bringen. Wenn man da was hat (Stress, Kinderwunsch, akute Belastung etc), dann hilft die Erkenntnis für kurze Zeit, dann geht es weiter. Man nennt das Kontrollüberzeugung. Es macht Angst, diese Sache ganz und gar nicht unter Kontrolle zu haben.... Was dazu kommt, ist offenbar ein Reinzdarmsyndrom, ein weiteres Indiz dafür, dass Du unterbewusst eine Konfliktsituation haben könntest (eine erlernte Hilflosigkeit, ein eingeübtes Schema, eine Entwicklungsverzögerung (psychisch)). Soviel zur Küchentischpsychologie. DU hast das intuitiv ja schon großenteils richtig gemacht. DU hast das akzeptiert, dass DU das mit Dir trägst. Dann lief es ja auch mal gut. Du hattest den Mut, neu durchzustarten. DU kümmerst Dich um ein Pferd. Du hast einen tollen Mann, der trotz der Malaise bei Dir bleibt. Das ist alles auf der Habenseite. Denk daran. Ich glaube, es geht hier nicht um Tipps und Tricks wie Atemübung oder Bewegung an der frischen Luft, um runterzukommen. Das greift zu kurz. Ich empfehle Dir, nochmal den Versuch eine Psychotherapie zu machen. oder Du gehst einmal zu einem Psychiater. Vor allem die Selbstverletzungstendenz solltest Du zügig mit jemandem besprechen, denn die zeugt davon, dass der Druck im Kessel gross ist. Und es gibt Hilfen für den Akutfall, auf die Du zurückgreifen kannst. Aber Psychotherapie ist sicher sinnvoll. Ich habe es wenig damit, Hoffnung zu machen. Hoffnung hat immer einen Haken. Ich finde, Akzeptanz zu üben ist der Schlüssel. Die Angststörungen verlaufen oft so wellenhaft. Es gibt Leute, bei denen das komplett verfliegt, bei manchen halt wellenhaft mit immerwährender Grundtendenz. Aber so oder so kommt man damit klar. Das wird auch bei Dir so sein. Ist aber sicher nicht easy. Bei mir selber hat alleine die Therapie 5 J gebraucht, bis ich unterschwellig einen Flavor von Besserung gespürt habe, aber es ist nie komplett weg. Du gehst eine lange Treppe hoch mit allen, jeder hat ein Bündel, mehr oder weniger schwer. Man bleibt mal stehen, aber es geht dann wieder weiter. So ist es halt. Soll nicht desperat klingen. Das ist das Leben. Es gibt kein Recht auf Glück. Was mir noch auffällt ist die Sache mit dem Kinderwunsch. Das solltest Du besprechen, auch das kann eine unterliegende Ursache sein, denn da steckt auch Druck dahinter. So, soviel zu der VL. Ich hoffe, das klingt nicht zu überheblich oder schwafelhaft. Halt durch. Das wird schon besser, aber Du hast eine Nuss (oder mehrere) zu knacken. Das steht jetzt eben an!!! RE: Meine Geschichte in Kurzfassung (Achtung, trotzdem lang) - schlumpffine - 26.05.2021 Hallo Pampelmuhse, auch von mir herzlich Willkommen. Gopi hat es finde ich gut zusammen gefasst. Auch für mich spricht da sehr viel nach einer Angsterkrankung. Und du hast natürlich recht, die meisten hier kennen all die Symptome. Ich weiß genau was du meinst wenn du sagst es zwickt im Arm und der Gedanke oh Gott Herzinfarkt ist in null Komma nichts präsent. Die Akzeptanz die Gopi anspricht ist richtig, aber auch sehr schwer wenn man gerade mitten drin ist. Ich denke auch man sollte nicht zu viel darüber nach denken warum das so ist, ich vergleiche es manchmal mit einer Erdnuss Allergie, man weiß man ist allergisch aber immer hat man nicht den Einfluss darauf etwas anzufassen wo Erdnuss drin ist. So sehe ich das wie Gopi sagt mit dem Unterbewusstsein, wir wissen wir haben die Angsterkrankung, aber wann das Unterbewusstsein der Meinung ist uns daran zu erinnern können wir nicht immer wissen. Heißt wenn wieder eine Attacke kommt versuchen zu sagen, okay die ist jetzt da warum egal sie verschwindet auch wieder. So wie die ausgelöste Allergie auch nach ein paar Stunden abflacht. Ich weiß das es schwer ist und auch mir gelingt es nicht immer aber ich empfinde so wie es heute ist einen sehr großen Unterschied zu vor ein paar Jahren. Ich sage mir wenn es wieder los geht mit der Welle, ok da ist sie wieder dann ist das jetzt so und ich muss sie in meinen Tag integrieren. Hört sich komisch an, aber hilft mir. Es verliert für mich dadurch an Dimension und macht mir dann deutlich es passiert nichts auch wenn sie da ist. Ich schließe mich da Gopi an du schaffst das und auch beim Kinderwunsch glaub ich das es unbewussten Druck aufbaut den man vielleicht auf die eine oder andere Weise entschärfen kann |