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Mein Freund und das Essen - RealSlimLady - 25.02.2019 Hallo, ich bin neu hier. Ich (w, 29 Jahre alt) bin seit letztem Januar mit meinem Freund (34 Jahre) zusammen. Seit 2 Monaten wohnen wir zusammen, es ging einfach alles schnell bei uns. Er ist auch ein toller Mann und nach einigen Enttäuschungen, die ich bereits erlebt habe, der erste, von dem ich weiß, dass er es ernst meint und der mich nicht einfach so verletzten würde. Jedenfalls zweifele ich mittlerweile an mir und auch an unserer Beziehung. Es ist wirklich nicht einfach. Er befindet sich wegen seiner Agoraphobie bereits in Therapie (seit ca. 2 Monaten) und ich habe ihn interessehalber auch mal begleitet, um seinen Therapeuten kennen zu lernen. Ich möchte einfach, dass er gut betreut und behandelt wird, damit er seine Probleme in den Griff kriegt, denn diese schränken unsere ganze Partnerschaft ein. Der Therapeut macht einen guten Eindruck auf mich, ich hoffe sehr, dass er ihm helfen kann. Unsere Partnerschaft ist einfach anders als jede andere und ich bin mir manchmal unsicher, ob ich das ganze noch lange mit machen kann. Es geht um so einfache, spontane Unternehmungen, die für mich definitiv dazu gehören (z.B. ins Kino gehen, essen / trinken gehen, mit Freunden spontan treffen). Er zeigt daran überhaupt kein Interesse und selbst wenn ich dazu mal Lust hätte, beiße ich auf Granit. Es führt nur zu stundenlangen Hin- und Her, am Ende oft sogar zu Streit. Dabei wäre es doch so einfach, man müsste sich nur in ein Restaurant setzen und etwas essen. Wo ist da das Problem? Es macht mich langsam fertig. Meine Familie und Bekannten haben natürlich schon lange mit bekommen, dass etwas nicht stimmt. Bei Geburtstagen oder Treffen zu denen er mit eingeladen wurde, kommt er entweder einfach nicht mit oder er sitzt daneben und versaut allen den Abend, weil er da sitzt und über irgendwas redet und den Augenblick nicht mit uns teilt. Meine Eltern zum Beispiel wollen ihn schon gar nicht mehr einladen. Aber ich kann ihn doch auch nicht mit schleifen, also gehe ich auch oft mal alleine hin und bin irgendwie traurig, wenn ich ohne ihn da sitze. Immerhin sitzen meine Freunde mit ihren Partnern da und alle halten mich wieder für Single. Wenn ich dann alleine hin gehe, werde ich natürlich gefragt, wo er denn ist. Mittlerweile sage ich einfach die Wahrheit, was soll ich denn Ausreden erfinden, alle anlügen? Dadurch halten ihn die Leute, mit denen ich raus gehe, für verrückt. Weil ich natürlich mit am Tisch sitze und mir durch solche Gespräche über ihn die Stimmung versaut wird, komme ich danach traurig wieder. Er sagt mittlerweile, dass ich besser nicht mehr mit meinen Freunden essen gehe, weil meine Stimmung dann so mies ist. Ich hab schon des öfteren deswegen geweint, neben ihm und hab ihn schon so oft gebeten, etwas zu tun. Die Situation endlich zu verändern und auch von sich aus in solche Situationen zu gehen. Aber er macht es freiwillig nicht, ausser an Feiertagen wie meinem Geburtstag oder (zuletzt) an Valentinstag. Er hat auch ein Buch, in dem Tipps stehen, die von Therapeuten erstellt worden sind. Aber er hat es noch nicht mal angefangen zu lesen. Ich dagegen hab es mittlerweile schon durch. Wenn ich ihn auf dieses Thema anspreche, will er nicht drüber reden. Null. Es scheint so, als müsste ich einfach damit leben, dass es so ist und Ende. Ich weiß auch nicht, wie er sich an meiner Seite fühlen würde, aber es tut mir manchmal sehr weh und ich werde hin und wieder wütend auf ihn, obwohl er auch nichts dafür kann. Ich fühle mich in meiner Freiheit einfach eingeschränkt, dadurch dass ich mich nach ihm richten muss (was passiert heute Abend, machen wir überhaupt etwas, sitzen wir die ganze Woche nur vor dem Fernseher?) Oder verlange ich zu viel? Das kann aber doch irgendwie nicht sein, denn am Wochenende mal etwas zu unternehmen, das schafft doch irgendwie jeder? Ich denke einfach, es muss von ihm aus kommen. Aber woher weiss ich, dass er diese Therapie auch wirklich macht, um was zu ändern, dass er wirklich hofft, dass es besser wird und dass er es ernst meint? Er würde sich doch sonst wenigstens mit trauen, um sich an sowas zu gewöhnen, um solchen Situationen nicht auszuweichen. Manchmal frage ich mich, was ohne ihn wäre. Natürlich würde er mir fehlen und da wäre eine schwere Zeit mit Liebeskummer und all dem vor mir, aber ich denke, ich wäre sogar ein bisschen erleichtert, da dieses Problem sich für mich erledigt hätte. RE: Mein Freund und das Essen - FredFred - 26.02.2019 Hallo SlimLady, herzlich Willkommen im Forum. Ich denke mal, du hast von der Agoraphobie deines Freundes schon gewusst, als ihr zusammen gekommen seid? Ich glaube auch, dass du dir die Erkrankung deines Freundes selber nicht richtig vorstellen kannst, was im übrigen die wenigsten Menschen können, die noch keine Erfahrungen damit gemacht haben. Eine Angsterkrankung ist eine schwere psychische Krankheit, dazu gehört auch die Agoraphobie. Das ist nicht wie ein einfacher kleiner Schnupfen, den ich ignorieren kann und der nach ein paar Tagen wieder verschwindet. Grade solche Sachen, wie du gerne mit ihm machen würdest (Kino, Restauran, Freunde besuchen), sind für jemanden mit einer Angsterkrankung äusserst unangenehm. Alleine der Gedanke, dass so eine Angelegenheit geplant wird, lässt schon ungeahnte Ängste enstehen, und der Betroffene wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen. Schon der Gedanke, das sichere zuhause zu verlassen und vor die Tür zu gehen ist unangenehm. Und wenn man dann dochmal etwas macht, passiert das unter Zwang und nicht freiwillig. Dementsprechend ist auch die Stimmung dann, und man wünscht sich nichts mehr als wieder nachhause zu kommen. Dass du deswegen auch noch weinst, setzt deinen Freund noch weiter unter Druck und verschlimmert die Situation nur noch. Vielleicht wäre mal ein Gespräch angebracht, bei dem du mal deine Forderungen und Wünsche aussen vor lässt und ihn ganz einfach mal fragst, warum er nicht auf solche Aktionen wie Kino oder Restaurant Lust hat, und vor allem wie seine Gefühle dann sind. lg RE: Mein Freund und das Essen - RealSlimLady - 26.02.2019 Ich versuche, auf ihn einzugehen und ihn zu unterstützen, wo ich kann. Allerdings hat er mir versprochen, an sich zu arbeiten und diese Therapie ernst zu nehmen. Ich weiß oft nicht, wie ich mich noch verhalten soll. Mich ganz nach ihm richten finde ich irgendwann auch lästig, denn zu einfach kann ich es ihm auch nicht machen. Entweder er stellt sich gewissen Situationen oder er kommt da nie raus, oder? Und genau das ist es doch, wenn er sich in solche Situationen begibt, wird seine Angst von Mal zu Mal weniger. RE: Mein Freund und das Essen - FredFred - 26.02.2019 (26.02.2019, 12:08)RealSlimLady schrieb: Und genau das ist es doch, wenn er sich in solche Situationen begibt, wird seine Angst von Mal zu Mal weniger. Das sagt man immer, ist aber nicht immer der Fall. Bei manchen Ängsten wird sie geringer, je öfter man sich der Situation stellt. Es gibt aber auch Ängste, die immer und immer wieder auftreteten, und da kann man tausendmal in die Situation reingehen, und die Angst wird immer schlimmer. RE: Mein Freund und das Essen - RealSlimLady - 26.02.2019 Dann kann ich ihm selbst also überhaupt nicht helfen und muss hoffen, dass er sich von selbst ändert und diese Therapie fruchtet, bzw. ich muss mit dieser Sache leben, ob ich will oder nicht. RE: Mein Freund und das Essen - FredFred - 26.02.2019 Naja, vielleicht kann er ja die eine oder andere Sache doch machen, trotz der Erkrankung. Wenn er Agoraphobie hat, muss man ja nicht unbedingt über den örtlichen Marktplatz schlendern. Helfen kannst du ihm schon dadurch, dass du ihn nicht unter Druck setzt. RE: Mein Freund und das Essen - Taube - 26.02.2019 Auch von mir willkommen bei uns. Erst mal finde ich es gut das du dich hier informierst. Vielleicht kannst du deinen Freund auch so besser verstehen. Finde es nämlich für nicht Betroffene schwer uns zu verstehen. Früher hätte ich da glaub ich ähnlich gedacht wie du. Vielleicht zeigst du ihm auch mal unsere Seite vielleicht können wir ihn dann auch zum Umdenken bringen. Denn er muss die Therapie wollen, er muss sich darauf einlassen und es auch wirklich wollen. Solange er selber es nicht ändern will, wirst du glaub ich nicht viel machen können. Finde aber nicht das du damit leben musst. Denn du darfst dich dabei auch nicht vergessen. Und ich finde es auch falsch das dein Freund dann meint das du lieber auch zu Hause bleiben solltest. Das kann er nicht verlangen finde ich, das du dein Leben nur nach ihm richtest. RE: Mein Freund und das Essen - RealSlimLady - 27.02.2019 Mein Freund hatte diese Schwierigkeiten schon von Anfang an, allerdings hat er mir (und später auch meiner Familie ,als diese merkte, wie schwierig das für uns ist) versprochen, an sich zu arbeiten. So oft hat er das getan und gesagt, dass wir "in absehbarer Zeit" mal ein Candlelight-Dinner (von dem träumt doch jede Frau) machen. Irgendwie verschiebt sich das immer weiter nach hinten (mehr als 8 Monate). Es ist so komisch für mich. Es gab noch andere Momente, die ich nicht verstehen konnte, bei denen ich ihm letztendlich aber doch irgendwie helfen konnte. Beispiel: Seine Schwester hat in einem anderem Land in Europa geheiratet, dafür mussten wir 2 Stunden fliegen. Er hat sich erst scheinbar gefreut und keine großen Anstalten gemacht, nach einem Flug zu suchen. Als wir dann auf der Buchungsseite im Internet waren und Schritt für Schritt alles eingetragen haben, hat er auf der letzten Seite alles hin geschmissen, weil es ihm insgesamt "zu teuer" werden würde (wir hätten nur die Hälfte zahlen müssen, da den Rest der Kosten das Hochzeitspaar übernommen hat, aber tja...) Das habe ich schon nicht verstanden und nach einem ernsthaften Gespräch mit ihm konnte ich ihn davon überzeugen, doch zu fliegen. Immerhin möchte man doch auf den Hochzeitsfotos der Schwester sein, oder nicht? Und wenn ich einen Urlaub geschenkt kriege, dann nehme ich den verdammt nochmal an! Da haben wir noch nicht zusammen gewohnt und er hat mir dann (zum ersten Mal) fest versprochen, dieses Problem zu lösen. Vor dem Flug war er sehr angespannt und ich hatte Angst, dass er einen Rückzieher macht. Ich hätte auch nicht groß gewusst, was ich hätte tun müssen, wenn er richtig Panik bekommen hätte, aber irgendwie hätte ich ihn schon beruhigt. Jedenfalls saß er dann im Flieger plötzlich tiefenentspannt neben mir und hat mir von oben die Welt erklärt ("Guck mal da, da ist doch..." und "Oh, wie schön das von oben alles ist!") Ich hab echt gedacht, ich höre nicht richtig. Macht sich verrückt (und mich nebenbei auch) und sitzt dann in aller Ruhe neben mir und genießt die Aussicht. War jedenfalls ein toller Urlaub, was er nun im Nachhinein auch selber sagt. Kann er daraus denn nicht auch schon lernen? Komisch ist auch, dass er keine Probleme damit hat, über einen Marktplatz zu laufen, das stört ihn nicht. Er hat auch eine hohe Stellung im Job und arbeitet dort jeden Tag im Team, gibt Anweisungen und setzt sich durch (bei bestimmt 10 Leuten), wie macht er das denn dann jeden Tag? Die größten Schwierigkeiten bereiten ihm halt Restaurants, also wenn ihm jemand beim Essen beobachtet. Das "übt" er mit dem Therapeuten. Ist es denn wirklich so, dass Betroffene vergessen, dass der Flug bzw. das Ãœberwinden der Angst den Moment wert ist und dass solche Momente im Leben unbezahlbar sind? Natürlich ist Panik nicht schön (ich weiß, wovon ich rede, so ganz jungfräulich bin ich diesbetrefflich auch nicht. Hatte Panikattacken mit darauffolgenden epileptischen Anfällen), aber wenn man das bekämpfen will, kann man das. Das hab ich ihm schon tausendmal gesagt. Man darf sich halt nicht von sich selbst verarschen lassen. Irgendwie helfen ihm meine Tipps bzw. Erfahrungen aber auch nicht, immerhin ist das auch eine andere Krankheit. Jedenfalls finde ich es schade, dass er mich jedes Mal vertröstet mit "nächstes Mal" und "ich arbeite an mir" und was-weiß-ich. Er hat durch dieses verkriechen schon so einiges verpasst und wenn ich ihm dann sage, wie schön der Abend war, an dem er alleine im Häuschen sass, ist er auch traurig, aber das ist ja nicht meine Schuld. Er könnte, wenn er wollte, mit. Darf ich denn da auch an mich denken oder muss ich mich total nach ihm richten? Sollte ich ihm wirklich eine Frist setzen, dass er bis dahin etwas ändern soll oder nicht? Mit Druck soll ich ja auch nicht an ihn ran. Oder Belohnungen (was auch albern ist, aber gut...), wenn er sich denn mal traut? Ich bin verwirrt. Wie gesagt, bei meiner Familie hat er auch bald verpackt. Er könnte mein Traummann sein, aber das ist schon ein gravierendes Problem, das mich mit ihm einschränkt. Meine Freiheit betrifft das schließlich auch. DANKE euch allen. Ihr könnt auch gern nur lesen, aber geholfen ist mir damit nicht. RE: Mein Freund und das Essen - Karin - 27.02.2019 Ich würde mich trotz allem nicht so einschränken lassen. mach was dir Spaß macht und möglicher weise will er dann eines Tages auch mit. Vielleicht funktioniert es ja so. RE: Mein Freund und das Essen - Taube - 27.02.2019 Ja das kann man als nicht betroffener nicht so wirklich verstehen. DAs ist für ihn ein Riesenschritt gewesen da ins Flugzeug zu steigen. Ich bin eigentlich relativ Angstfrei, aber das würde für mich nicht gehen. Also zu fliegen. Man zerrt dannn auch davon, und klar er könnte sich innerlich sagen, Hey ich bin ins Flugzeug gestiegen, dann schaff ich doch auch ein Restaurant Besuch, Kino usw. Aber vielleicht hat es einfach noch nicht klick gemacht. Das hat bei mir auch etwas gedauert. Irgendwann als die Attacken auch zu Hause kamen, hab ich mir gesagt, dann kann ich auch raus gehen, los gehen usw. Und ab da wurde es besser. Es war und ist auch heute manchmal nicht leicht, aber man muss es tief im inneren wollen. Wenn es was geschafft hat, und wenn es für dich noch so ne kleine Sache ist, würde ich ihn wirklich belohnen, und loben. Ist albern vielleicht aber für uns Angsthasen wichtig. Dein Leben darfst du dabei nicht vergessen und solltest deine Freiheit nicht aufgeben. Wenn er dann mit geht super wenn er einfach nicht kann oder will, dann ist das sein Problem nicht deins. So hart das auch ist. |